Sie befinden sich hier | Kapitelüberschrift  Erinnerungsportal | Biografie
Schriftgroesse verkleinern Schriftgroesse normal Schriftgroesse vergrössern
Diese Seite ausdrucken

Biografie im Erinnerungsportal, kein Stolperstein vorhanden

Siegfried Grünberg, *1898

1941 deportiert Ghetto Minsk, Ermordet



Bremen-Mitte
ehemalige Straßenbezeichnung: Bornstraße 5

Siegfried Grünberg


Siegfried Grünberg wurde am 14.1.1898 in Haste/Osnabrück als Sohn des Viehhändlers Carl Grünberg (geb. 1861 in Osterkappeln) und seiner Ehefrau Helene Eichholz (geb. 1859) geboren. Er hatte vier Geschwister: Rosa (geb. 1893) und Josef (geb. 1895) sind in Osterkappeln geboren; Berta (geb. 1900) und Hertha (geb. 1903) in Osnabrück .

Nach dem Tod des Vaters 1931 übernahmen Siegfried Grünberg und sein Bruder Josef als gleichberechtigte Inhaber in Osnabrück und Syke die Viehhandelsfirma des Vaters. Sein Bruder: Sie hätten in jener Zeit wöchentlich etwa fünfzig Rinder und Kühe, sowohl Zucht- als auch Nutzvieh, „umgesetzt“. Die Umgebung von Syke sei Haupteinkunftsgebiet gewesen, „während das Vieh zum Teil nach Sachsen, Braunschweig, Hildesheim und zu den Nutzmärkten Osnabrück, Dortmund und Bremen verkauft“ worden sei.

Siegfried Grünberg ließ sich 1932 gemeinsam mit der Schwester Berta und zeitweise auch mit dem Bruder Josef in Syke nieder und kaufte ein Anwesen am Bremer Weg 9, nur wenige Schritte vom örtlichen Bahnhof entfernt. Dessen Verladerampen waren ein wichtiger Umschlagplatz für Schlacht- und Mastvieh, das von hier aus unter anderem direkt in die Ballungsgebiete an Rhein und Ruhr verschickt wurde.

Am 1.4.1933 wurden auch die Grünbergs Zielscheibe des reichsweit organisierten Boykotts aller jüdischer Geschäfte und Waren. Auf der Titelseite der Syker Zeitung wurde zur Teilnahme aufgerufen, es sei „ernste Pflicht eines jeden Landwirts, Vieh mit einem Juden nicht mehr zu handeln“. Zahllose Landwirte liessen sich zunächst nicht davon abhalten. Josef Grünberg berichtete im Entschädigungsverfahren nach dem Krieg, dass nach 1935 die Einnahmen immer weniger wurden und Anfang 1938 den Geschwistern der Viehhandel untersagt wurde.

So entschloss sich Siegfried Grünberg im Sommer 1938 zum Verkauf von Haus und Grundstück in Syke. Siegfried und Berta verliessen im Oktober 1938 Syke und zogen nach Osnabrück in das Elternhaus am Schnatgang 14, wo ihre Geschwister Rosa und Josef seit 1934 lebten.

Wenige Wochen später, in der Reichspogromnacht 9./10.11.1938, wurde Siegfried gemeinsam mit seinem Bruder Josef verhaftet und in das KZ Buchenwald deportiert. Sie kamen am 2.12.1938 wieder frei.

Nach ihrer Rückkehr führten sie zunächst weiterhin mit ihren Schwestern einen gemeinsamen Haushalt in Osnabrück. Mitte Februar 1939 folgte jedoch der Zwangsverkauf des Elternhauses in Osnabrück. Die vier Geschwister siedelten zunächst in die Herderstrasse 22 um und wurden im November 1939 gezwungen, in das grösste „Judenhaus“ der Stadt, in die Kommenderiestrasse 11, in sehr beengte Verhältnisse umzuziehen.

Kurz vor diesem Umzug hatte Siegfried Grünberg der Devisenstelle des Oberfinanzpräsidenten in Hannover mitgeteilt, dass er „in nächster Zeit auszuwandern gedenke“. Schon nach dem Verkauf der Syker Immobilie hatte er eine Auswanderung erwogen, dieses Ansinnen aber im August 1938 wieder zurückgenommen. Große Teile seines Vermögens, die unter anderem aus den Immoblienverkäufen herrührten, hatte das Deutsche Reich durch die „Judenvermögensabgabe“ bereits eingezogen.

Was Siegfried Grünberg bewog am 8.5.1940 nach Bremen zu den Verwandten mütterlicherseits (Eichholz) in die Vegesacker Strasse 41 umzuziehen, ist unbekannt. Vom 1.10.1940 – 17.11.1941 ist er im "Judenhaus" Bornstrasse 5 gemeldet.

Von Bremen aus wurde er am 18.11.1941 in das Ghetto Minsk deportiert. Sofern er nicht den unmenschlichen Lebensbedingungen im Ghetto erlag, fiel er einer der Massenmordaktionen zum Opfer, die Ende 1942 begannen.

Mitte November 1941 erhielten 40 bis 50 Osnabrücker die Nachricht sich am 13.12.1941 zur „Evakuierung“ bereit zu halten. Siegfried Grünbergs Geschwister Rosa, Berta und Josef wurden am 13.12.1941 daraufhin nach Riga deportiert. Rosa wurde am 28.7.1944 in Riga ermordet. Berta wird von Riga aus in das KZ Stutthof deportiert und am 19.12.1944 ermordet.

Bruder Josef hat überlebt. Er kam zunächst in das Vernichtungslager Salaspils bei Riga, Anfang Oktober 1944 von Riga aus in das KZ Stutthof. Zu Beginn des Jahres 1945 kam er nach Lauenburg/Pommern, einem Aussenlager des KZ Buchenwald. Am 10.3.1945 wurde dieses durch die Rote Armee befreit.

2013 wurden für Rosa, Siegfried und Berta Grünberg Stolpersteine in Osnabrück, Schnatgang 14, am ehemaligen Elternhaus, verlegt. Ebenso gibt es Stolpersteine für Siegfried (2007 verlegt) und Berta Grünberg (2011) am Bremer Weg 9 in Syke.

Petra Nothaft (2025)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54–E10800, 4,54-Rü 5744, Einwohnermeldekartei
Junk, Peter; Sellmeyer, Martina: Stationen auf dem Weg nach Auschwitz, Bramsche 2000
www. jüdische-geschichte-diepholz.de
Grewe, Christine: Stolpersteine in Osnabrück, Familie Grünberg, in:
Nürnberger, Peter/Becker, Kim-Julian: Stolpersteine Guide
Grewe, Hermann: Vergessen, verdrängt, verneint Stationen jüdischen Lebens in Syke, Brinkum, Leeste, Kirchweyhe. In: Focke, H., Greve, H., Kurth, H.: Als die Synagogen brannten, Sulingen 1988

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Minsk