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Franz Pieper, *1897

verhaftet 1939 wegen "Wehrkraftzersetzung" Berlin-Plötzensee
hingerichtet 3.2.1940


Elsflether Str. 29
Bremen-Walle

Franz Pieper


Johann Theodor Franz Pieper wurde am 19.10.1897 in Bremen geboren. Er heiratete 1923 Else Schulz (geb. 1898). Ihr Sohn Heinz kam 1923 zur Welt; es folgten die Töchter Eva (verh. Siedler, geb. 1926) und Ilse (verh. Eberhardt, geb. 1927). Die Familie wohnte von 1925 bis 1944 in der Elsflether Straße 29.

Franz Pieper war als Betriebsarbeiter von 1926 bis zum 26.4.1937 bei der Deutschen Reichsbahn beschäftigt. Nach seiner Entlassung arbeitete er bis 1939 als Magazinarbeiter beim Hafenbetriebsverein. Die Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg und die Erlebnisse der Gefangenschaft prägten seine politische und religiöse Einstellung. Doch trotz seiner Sympathien für die KPD war er nicht Parteimitglied, sondern lediglich Mitglied im Metallarbeiterverband.

Er gehörte der Glaubensgemeinschaft Jehovas Zeugen (siehe Glossar) an, auch „Bibelforscher“ genannt. Ihre Mitglieder lehnten jegliche weltliche Loyalitätsbekundungen ab. So verweigerten sie u.a. den „Hitlergruß“ und den Fahneneid. Der „Deutsche Gruß“ wurde 1933 bei der Deutschen Reichsbahn für alle Bediensteten eingeführt. Im Februar 1934 beklagte sich der Betriebsrat, dass Pieper sich weigere, „den vorgeschriebenen ‚Deutschen Gruß‘ zu erweisen“. Im Mai 1934 musste er als Strafe 50 Reichspfennig zahlen und wurde abgemahnt. Am 26.4.1937 ist in seiner Personalakte vermerkt:

"[...] erscheint der Betriebsarbeiter Pieper unaufgefordert bei der Dienststelle und auch beim Betriebsrat und gibt die Erklärung ab, dass er es mit seinem Gewissen nicht vereinbaren könne, den ‚Deutschen Gruß‘ weiterhin zu erweisen."

Daraufhin wurde er am selben Tag fristlos entlassen. In der Personalakte ist weiter folgende Aussage von ihm dokumentiert:

"Auf Grund meines selbständigen Denkens und der Bibel sowie meiner Erfahrungen im Weltkriege und in der Gefangenschaft habe ich meine eigenen Anschauungen."

Am 27.8.1939 wurde er zum Landesschützen-Bataillon (Wachkompanie) in Farge einberufen. Er lehnte den Fahneneid aus Gewissensgründen ab, wurde verhaftet und wegen „Zersetzung der Wehrkraft“ angeklagt. Von September bis Oktober 1939 war er in Bremen in Untersuchungshaft. Franz Pieper wurde vom Volksgerichtshof zum Tode verurteilt und ihm wurden die bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit aberkannt. Er hatte auf einen Pflichtverteidiger verzichtet und seine Verteidigung selbst übernommen.

Am 20.10.1939 wurde er in das Gefängnis Berlin-Moabit verlegt und am 31.1.1940 in das Gefängnis Berlin-Plötzensee eingeliefert. Dort wurde Franz Pieper am 3.2.1940 um 7.25 Uhr hingerichtet.

Den letzten Brief seiner Ehefrau erhielt er nicht mehr. Er kam mit einem Schreiben des Oberreichskriegsanwalts Berlin-Charlottenburg vom 5.2.1940 an Frau Pieper zurück: „Der beiliegende Brief konnte dem Verurteilten nicht mehr ausgehändigt werden. Das Urteil ist am 3.2.40 vollstreckt worden.“

Auf Beschluss des Bremischen Senats vom 15.1.2008 wurde eine Straße im ehemaligen Hafengebiet nach ihm – „Pazifist und Lagermeister im Hafenbetriebsverein“ – benannt, das Franz-Pieper-Karree.


Peter Christoffersen/Nathalie Sander (2019)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E163
Porsch, Monika: Bremer Straßenlexikon, Bremen 2010

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Jehovas Zeugen