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Walter van Perlstein, *1901

verhaftet 1936 KZ Mauthausen
"auf der Flucht" erschossen 6.12.1941


Am Brahmkamp 26
Bremen-Horn-Lehe

Walter van Perlstein

Walter van Perlstein

Walter Magnus van Perlstein wurde am 12.3.1901 in Köln am Rhein als Sohn jüdischer Eltern geboren. Er besuchte das Gymnasium und machte 1919 Abitur. Durch den frühen Tod seines Vaters fehlten ihm die finanziellen Mittel, um Germanistik zu studieren. Er begann daher eine kaufmännische Lehre in einer Lack- und Farbenfabrik.

Nebenbei besuchte er Abendvorlesungen an der Universität und am theaterwissenschaftlichen Institut. Am Kölner Schauspielhaus nahm er Privatstunden. Er wurde Schauspieler und war als Hilfsregisseur und Spielleiter in Köln, Aachen, Graz und Düsseldorf tätig; außerdem ging er in Belgien und Holland auf Tournee. Als Schauspieler und Dramaturg genoss er nicht nur bei Künstlern großes Ansehen. Er engagierte sich gewerkschaftlich in der Bühnengenossenschaft und war politisch aktiv, nicht zuletzt aufgrund dieser Tätigkeit war er oftmals arbeitslos.

Walter van Perlstein heiratete 1929 Gerda Hillmann, genannt Weißbraun. Da er kein festes Engagement mehr hatte, kam er 1931 nach Bremen, aus dem seine Ehefrau stammte. Hier zog er mehrmals um, seine letzte Adresse lautete Am Brahmkamp 26. Ab 1932 war er arbeitslos. Er kam mit kommunistischen Kreisen in Kontakt und wurde auf kulturpolitischem Gebiet in der Bremer Arbeiterbewegung tätig, indem er verschiedene Aufführungen inszenierte. Seit dem 1.4.1933 bezog er Arbeitslosenunterstützung in Höhe von 9,60 RM wöchentlich.

Vom 30.4.1933 bis 17.5.1933 war er im Bremer KZ Mißler inhaftiert. Nach seiner Entlassung hatte er weiterhin keine Arbeit, eine Umschulung wurde abgelehnt. Für seine Sozialunterstützung wurde er zu Pflichtarbeiten als Erdarbeiter herangezogen. 1935 bis 1936 war er Provisionsreisender für eine Radio-Firma. Seine Ehe litt unter dieser Entwicklung; 1935 wurde sie geschieden. 1936 heiratete Walter van Perlstein nach längerer Krankheit erneut; seine zweite Frau war im bremischen Staatsdienst gewesen und hatte aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7.4.1933 ihre Stelle verloren; sie arbeitete nunmehr in derselben Radio-Firma wie Perlstein. Durch seine zweite Frau wurde Walter van Perlstein mit Gruppen bekannt, die sich mit dem Zionismus beschäftigten. In seinem Lebenslauf schrieb er:

„Ich war bereit, mich aktiv an dem Neuaufbau einer Heimat zu beteiligen und bereitete mich mit meiner Frau bereits vor, einen neuen Wirkungskreis zu suchen. Mein Bruder (Oskar, später als Buchhalter in einem Kibbuz lebend) und die Verwandten meiner Frau in Palästina wollen uns dabei behilflich sein.“

Zu dieser Zeit gehörte er der antifaschistischen Widerstandsgruppe der KPD an. Bis zu seiner Verhaftung übte er in Zusammenarbeit mit Konrad Blenkle eine umfangreiche Widerstandstätigkeit aus. Er stellte Verbindungen her, entwarf Flugblätter und Klebezettel und organisierte unter anderem 1935 auf einer Parzelle im Blockland eine illegale Maifeier.

Am 2.9.1936 wurde er wegen der Herstellung eines Flugblattes verhaftet und in „Schutzhaft“ genommen. Am 18.2.1938 wurde er im Prozess gegen Lührs und Andere vom Oberlandesgericht (OLG) Hamburg wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ [...] angeklagt, zu Bremen und Hemelingen in den Jahren 1933 bis 1936 fortgesetzt und zum Teil gemeinschaftlich handelnd, das hochverräterische Unternehmen, mit Gewalt die Verfassung des Reichs zu ändern, vorbereitet zu haben, wobei die Tat sämtlich [...] darauf ausgerichtet war, einen organisatorischen Zusammenhalt herzustellen und aufrechtzuerhalten, wobei ferner die Tat der Beschuldigten [...] auf Beeinflussung der Massen durch Herstellung und Verbreitung von Schriften gerichtet war.

Walter van Perlstein wurde zu fünf Jahren Zuchthaus und Ehrverlust verurteilt. Im bremischen Zuchthaus Oslebshausen verbüßte er die Untersuchungs- und die Strafhaft. Ehemalige Mitgefangene berichteten von seiner unbeugsamen Haltung. Durch Klopfzeichen vermittelte er seinen Mitgefangenen Kontakt und Mut, und er brachte ihnen das Morsealphabet bei.

Nach der Strafverbüßung am 4.9.1941 wurde er nicht entlassen, sondern in das KZ Mauthausen überstellt. Dort wurde er am 6.12.1941 angeblich „auf der Flucht erschossen“.

Michael Koppel (2017)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E11118
KZ Mauthausen, Totenbuch

Abbildungsnachweis: Staatsarchiv Bremen

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Haftstätten in Bremen
Glossarbeitrag Politisch Verfolgte