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Ida Steinhardt, *1911

verhaftet 1938 1939 KZ Ravensbrück
tot 28.5.1942


Hegelstr. 75
Bremen-Neustadt

Ida Steinhardt


Ida Steinhardt wurde am 10.12.1911 als Tochter von Baer Samuel Steinhardt und Marjal (Marie) Milstain in Mannheim geboren. Ihre Mutter, die aus Janow Podlaski/Polen stammte, war 1919 dauerhaft nach Deutschland gekommen. Ida Steinhardt besaß die polnische Staatsangehörigkeit.

Von Mannheim kommend zogen Mutter und Tochter Ida nach Braunschweig, wo Ida eine Ausbildung als Säuglingspflegerin erhielt. Sie arbeitete im Krankenhaus, später in einem Kaufhaus und als Haushalts-hilfe. Am 10.6.1929 wurde Ida als Fürsorgezögling in das jüdische Frauenheim in Neu-Isenburg bei Frankfurt aufgenommen. 1931 trennte sich ihre Mutter wegen ihres „schlechten Lebenswandels“ von ihr.

Am 13.3.1933 kam Idas Tochter Rita in Braunschweig zur Welt. Sie wurde unehelich geboren, doch der Vater bekannte sich zu ihr und zahlte Unterhalt. Sie wurde dann erneut schwanger und gebar in Bremen am 11.7.1934 den Sohn Karl-Heinz Joachim, der zunächst in einem Kinderheim in Bremen-Nord untergebracht wurde. Ab November 1934 war Ida Steinhardt in Bremen polizeilich angemeldet. Ihre Tochter Rita war noch in Braunschweig in der Obhut der Großmutter Marjal Steinhardt, bis diese 1935 verhaftet und Rita von einer Tante nach Bremen gebracht wurde.

Während ihrer Tätigkeit in einem Bremer Fischrestaurant lernte Ida die Schauspielerin Elisabeth Hoppe kennen, mit der sie sich befreundete. Arbeit fand sie als Haushaltshilfe bei deren Sohn, dem Fahr-radhändler Ludwig Hoppe. Am 23.11.1935 zog sie in die Hegelstraße 75 in die Wohnung von Elisabeth Hoppe, die von ihrem Ehemann getrennt lebte. Ida brachte ihre am 10.11.1935 geborene Tochter Marianne sowie die seit März des Jahres in Bremen lebende Tochter Rita mit in die Wohngemeinschaft ein. Ab Oktober 1937 kam der Sohn Karl–Heinz Joachim hinzu. Elisabeth Hoppe – Jahrgang 1876 – war jedoch auf längere Sicht gesundheitlich und finanziell nicht in der Lage, mehrere Kleinkinder zu versorgen. Für Karl-Heinz Joachim wurde daher ab 28.9.1938 die Familie Mildenberg in Telgte als Pflegefamilie gefunden, die ihn adoptieren und mit ihm in die USA auswandern wollte.

Ida Steinhardt hatte bereits im September 1937 die Wohnung in der Hegelstraße 75 verlassen, weil der Hausbesitzer nicht länger erlauben wollte, dass eine Jüdin im Hause lebte. Außerdem lief ihr Fremden-pass als polnische Staatsangehörige am 5.6.1938 ab. Sie wechselte häufig den Wohnsitz, weil sie angesichts der zunehmenden Diskriminierung der Juden und wegen ihres unsicheren Aufenthaltsstatus Verfolgung befürchtete. Sie war in der Zeit von Juli 1938 bis zum 5.10.1938 im „Judenhaus“ Kauf-mannsmühlenkamp 5 bei Familie Oliver gemeldet.

Im Juli 1938 wurde Ida für sechs Monate in Haft genommen. Schließlich zog sie am 10.12.1938 nach Braunschweig um, obwohl ihre Mutter nicht mehr dort lebte, denn diese hatte im Zuge der „Polenaktion“ im Oktober 1938 Deutschland verlassen müssen. Ida lebte bei ihrer Schwester Fanny, die – wie bereits eine weitere Schwester und beide Brüder – in die USA auswandern wollte. Eventuell war die Braun-schweiger Anschrift aber nur Tarnung, denn sie soll mehrfach in Bremen gewesen sein.

Am 28.1.1939 wurde sie in Braunschweig wegen angeblicher „Rassenschande“ von der Gestapo verhaftet, am 24.2.1939 in das Konzentrationslager Ravensbrück und von dort aus weiter in die „Tötungsanstalt“ Bernburg an der Saale deportiert. Dort wurde sie am 28.5.1942 ermordet.

Ihre Töchter Rita und Marianne wuchsen dank des Engagements von Elisabeth Hoppe ohne weitere Verfolgung auf, denn diese hatte dafür gesorgt, dass deren Akten verschwanden. Rita lebte bis zu ihrer Hochzeit 1948 und Marianne bis Februar 1966 bei ihr in der Neustadt; Elisabeth Hoppe war ihre „Pflege-Omi“ geworden. Die für den Sohn Karl-Heinz Joachim gemeinsam mit seiner Pflegefamilie geplante Auswanderung in die USA konnte nicht realisiert werden. Er lebte ab 1.6.1939 in der Israelitischen Gartenbauschule Ahlem bei Hannover. Am 15.12.1941 wurden die letzten 23 Bewohner dieser Einrichtung, darunter auch er, in das Ghetto Riga deportiert. Das Ghetto wurde am 2.11.1943 liquidiert und seine Spur endet dort; er wurde ermordet.

Barbara Ebeling/Edith Laudowicz (2020)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E2152, Einwohnermeldekartei www.yadvashem.org-rememberance-names (Auskunft 24.3.2020) ITS DigitalArchive, Bad Arolsen
Informationen von Familienangehörigen

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Ravensbrück