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Elly Krimmer, *1885

deportiert 1941
ermordet in Minsk


Am Wall 76
Bremen-Mitte

Elly Krimmer


Elly Valeska Marie Ida Krimmer stammte aus Liegnitz. Sie wurde dort am 7.2.1885 ge­boren. Ihre Eltern waren Joseph Krimmer und Valeska Krimmer, geb. Liebig. Die Eltern waren Juden, sie selbst trat aber zum christlichen Glauben über und wurde am 4.9.1921 in Erfurt getauft und in die dortige Baptistengemeinde aufgenommen. Im Januar 1931 kam Elly Krimmer im Alter von 45 Jahren über Dresden und Lesum nach Bremen. Am 28.6.1931 wurde sie durch Beschluss der Gemeindeversammlung Mitglied der Gemein­de der Hoffnungskirche. Sie war als Hausdame, Schneiderin und Hausarbeiterin tätig und wohnte jeweils für mehrere Wochen oder Monate bei verschiedenen Familien in der Hansastraße, Osterstraße, Otto-Gildemeister-Straße, Franziusstraße, Humboldtstra­ße, Mathildenstraße, Lützowstraße, Faulenstraße und zuletzt für fünf Jahre Am Wall.

Sie nahm an den Gottesdiensten und den übrigen Veranstaltungen der Gemeinde teil. Sie war bei den Kindern beliebt, weil sie immer Süßigkeiten in der Tasche hatte. Bei Ge­meindeausflügen trug sie einen alten Koffer bei sich, aus dem sie zur Preisverteilung bei Wettkämpfen und Spielen selbst gemachte Preise hervorholte: Tücher, Puppen und andere Dinge, die sie als Schneiderin aus Stoffresten hergestellt hatte.

Anfang Dezember 1938 wurde ihr von den Behörden als weiterer Vorname, der sie als Jüdin kennzeichnen sollte, der Name „Sara“ zugewiesen. Am 29.1.1939 trat sie aus der Gemeinde aus und wurde als „Sara Krimmer“ aus dem Mitgliederverzeichnis gestrichen. Wahrscheinlich wollte sie die Gemeinde nicht durch ihre Mitgliedschaft in Schwierigkei­ten bringen. Sie hielt aber persönlichen Kontakt zu Gemeindemitgliedern und zu Pastor Franz Thorn.

Am Vorabend ihrer Deportation war sie auf ihren Wunsch in der Wohnung des Ehepaa­res Thorn und feierte mit ihnen das Abendmahl. Pastor Thorn begleitete sie dann zur Sammelstelle. Wegen dieses verbotenen Treffens in seiner Wohnung wurde Franz Thorn von einem Nachbarn angezeigt. Die Anzeige wurde jedoch von einem Mitglied der Ge­meinde, das den Vorfall in der Amtsstelle bearbeitete, aus dem Verkehr gezogen und Franz Thorn später warnend zur Kenntnis gegeben.

Am 18.11.1941 wurde Elly Krimmer von Bremen aus in das Ghetto Minsk deportiert. Sofern sie nicht den unmenschlichen Lebensbedingungen im Ghetto erlag, fiel sie einer der Massenmordaktionen zum Opfer, die einen Höhepunkt in der Vernichtung des überwiegenden Teils der Bewohner des Sonderghettos am 28./29.7.1942 fanden.

Klaus Eissing/Friedrich Kleibert/Günter Kleinen (2015)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,82/1-1/824
Hoffnungskirche, Gemeindearchiv, Mitgliederverzeichnis und Protokoll der Gemeindever­sammlung vom 28.6.1931; Zeugenaussagen von Marga Murken und Christa Thorn

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Minsk
Glossarbeitrag Christen jüdischer Herkunft