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Therese Schragenheim, geb. Markreich, *1883

deportiert 1941
ermordet in Minsk


Sielwall 10
Bremen-Östliche Vorstadt


Sielwall 10 - Weitere Stolpersteine:


Therese Schragenheim

geb. 17.5.1883 in Weener

Therese Schragenheim, geborene Markreich, kam aus Weener in Ostfriesland. Wann sie Elias Schragenheim geheiratet hat, ist nicht bekannt. Eine Vereinbarung zur Gütertrennung datiert von 1904. Die Ehe blieb kinderlos. Die Schragenheims kümmerten sich jedoch sehr um ihren Neffen Ernst Schragenheim, geboren 23.8.1912, dessen Vater im Ersten Weltkrieg gefallen war.

Elias Schragenheim legte nach dem Besuch der Volksschule und des Gymnasiums sein Examen als Bauingenieur ab. Er trat in das Geschäft seines Vaters Moses Schragenheim ein und führte es nach dessen Tod mit einem Sozius unter dem Namen „Schragenheim & Weitendorf“ weiter. Die Firma war ein sehr angesehener Handel mit Baumaterialien in Bremen. Das Büro befand sich in der Kreftingstraße, der Lagerplatz, mit Gleis- und Schiffsanschluss, war in Woltmershausen.

Das Ehepaar Schragenheim war sehr wohlhabend, denn ihr Name steht in der Liste der vermögenden Bremer Juden (80T - 525T RM). Elias Schragenheim war Eigentümer zahlreicher Grundstücke, doch bewohnte das Ehepaar selbst nur eine dreieinhalb-Zimmer-Wohnung am Sielwall 10.

Gesellschaftlich waren sie sehr angesehen. Therese Schragenheim gehörte dem Vorstand des Israelitischen Frauenvereins an, und ihre Berufsbezeichnungen lauteten: „Hausfrau, Putzmacherin, Sozialarbeiterin“, letztere, weil sie sich aktiv um die Kranken in der Gemeinde kümmerte. Beide, insbesondere Therese Schragenheim, waren in der Israelitischen Gemeinde Bremen aktiv. Er war in der Verwaltung der Moses-Schragenheim-Stiftung (Krankenpflege) und als Vorsitzender der Zionistischen Vereinigung für Deutschland, Ortsgruppe Bremen, tätig.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten und dem Boykott jüdischer Geschäfte gingen die Gewinne der Firma stark zurück. Am 1.1.1934 schied Elias Schragenheim als Teilhaber aus, wurde aber als Angestellter mit einem Monatslohn von 300 RM bis zum 31.12.1938 weiterbeschäftigt. Sein früherer Teilhaber klagte nach Kriegsende auf Schadenersatz, da die Weiterbeschäftigung von Elias Schragenheim dem Geschäft enorm geschadet habe, weil potentielle Kunden geargwöhnt hätten, es handele sich um eine „verkappte Judenfirma“. Der Umsatz sei um 50% zurückgegangen.

Im Zuge des Novemberpogroms 1938 wurde Elias Schragenheim verhaftet, die Wohnung am Sielwall 10 geplündert. Das ihnen gehörende Grundstück Kreftingstraße 1 wurde am 5.12.1938, das Grundstück in Woltmershausen am 23.12.1938 „arisiert“.

Das Ehepaar musste seine Wohnung aufgeben und in das „Judenhaus“ Kohlhökerstraße 6 umziehen. Der Grund, warum eine geplante Auswanderung nicht zustande gekommen war, ist unbekannt. Ihr Neffe Ernst Schragenheim lebte bereits seit 1935 in Palästina.

Am 14.11.1941 gab die Oberfinanzdirektion Bremen 14.600 RM frei „für Anschaffungen zum Zwecke der Evakuierung“. Dieser Betrag wurde wahrscheinlich verwendet, um bedürftigen, zur Deportation vorgesehenen Juden die pauschal genehmigte Mitnahme von RM 150 zu ermöglichen sowie die von der israelitischen Gemeinde Bremen für den Transport in das Ghetto Minsk gekauften Gemeinschaftsgüter wie Ausrüstungen für eine Schusterwerkstatt und eine Zahnarztpraxis. Diese Ausrüstungsgegenstände kamen im Ghetto Minsk jedoch niemals an.

Elias und Therese Schragenheim wurden am 18.11.1941 in das Ghetto Minsk deportiert. Dort wurden sie ermordet: sofern sie nicht den unmenschlichen Lebensbedingungen im Ghetto erlagen, fielen sie einer der Massenmordaktionen, die einen Höhepunkt in der Vernichtung des überwiegenden Teils der Bewohner des "Sonderghettos" am 28./29.7.1942 fand, zum Opfer.


Verfasserin:
Barbara Ebeling (2011)

Informationsquelle:
Staatsarchiv Bremen, Akten 4,54-E4154, 4,54-E4808, 4,54-Rü 5645, 4,54-Ra 507, 4,54-Ra 507/24

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Minsk
Glossarbeitrag "Judenhäuser"