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Stefan Lovasz, *1901

verhaftet 1935 "hochverrat"
hingerichtet 20.6.1938 Berlin-Plötzensee


Beckedorferstraße 13
Bremen-Vegesack

Stefan Lovasz

Stefan Lovasz
geb. 6.11.1901 in Zeltweg (Österreich)

Stefan Lovász war der Sohn von Alois und Agnes Lovász. Weil der Vater als Sozialdemokrat politisch verfolgt wurde, zog er 1907 mit seiner Familie aus der Steiermark nach Aumund und wurde Werkmeister in der Modelltischlerei der Bremer Vulkan-Werft.

In Aumund besuchte Stefan Lovász die Volksschule. Nach einer Lehre als Modelltischler bei der Vulkan-Werft und Wanderjahren in Süd- und Westdeutschland war er seit 1926 wieder beim „Bremer Vulkan“ beschäftigt. Er war auch musikalisch begabt: sein Lieblingsinstrument war die Geige, und er dirigierte in verschiedenen Musikvereinen.

1930 heiratete er die 1907 in Blumenthal geborene, aus einer Arbeiterfamilie stammende Alma (Amalie) Würz. Stefan und Alma Lovász hatten vier Töchter: Edith (geb. 1925), Rita (geb. 1927), Ingrid (geb. 1930) und Irmgard (geb. 1932). Die Familie lebte in Aumund.

Im Frühjahr 1930 wurde Stefan Lovász arbeitslos und trat im Sommer 1930 in die KPD ein. Seit 1931/32 war er als Reporter und Redakteur zunächst für die Wochenzeitung „Der Arbeitslose“ und später für die „Bremer Arbeiter-Zeitung“ (AZ), das Organ der KPD im Bezirk Nordwest, tätig.

Nach der Machtübernahme der NSDAP von den Schlägertrupps der SA gesucht, wurde Stefan Lovász vorübergehend von Freunden und Bekannten in Lesum auf dem Dachboden versteckt. Im Herbst 1933 war er in Bremen Bezirkskassierer der illegalen KPD. Seit Januar 1934 wurde er wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ steckbrieflich gesucht.

Über Hamburg und Amsterdam führte sein Weg nach Zürich. Von dort aus wurde die Verbindung zwischen der zentralen Leitung der KPD und den süddeutschen Bezirksleitungen organisiert. Auf Wunsch der Partei übernahm er im Oktober 1934 die Funktion des politischen Leiters der illegalen Bezirksorganisation der KPD in Württemberg. Ungeachtet gesundheitlicher Probleme und der Belastung durch die Sorge um seine Familie, gelang es ihm als Bezirksleiter, durch großen Einsatz die Parteiarbeit zu aktivieren. Zudem war er maßgeblich daran beteiligt, Informationen über die geheime Aufrüstung Deutschlands (wie die Produktion von Kampfflugzeugen in den Dornier-Werken in Friedrichshafen und den Bau einer unterirdischen Munitionsanstalt des Heeres in Scheuen bei Celle, an dem auch ein Unternehmen aus Stuttgart beteiligt war) zu beschaffen und über Zürich an den Nachrichtenapparat der KPD weiterzuleiten. In Stuttgart arbeitete er dabei auch mit der früheren Studentin Liselotte Herrmann zusammen, die Schreibarbeiten und Kurierdienste übernahm. Im August 1935 sollte Stefan Lovász als Delegierter an der – in der Nähe von Moskau stattfindenden – sog. „Brüsseler Konferenz“ der KPD teilnehmen, auf der die Partei dann den Übergang zur Einheits- und Volksfrontpolitik beschloss.

Am 15.6.1935 wurde Stefan Lovász bei der Rückkehr von einer Reise nach Zürich in Stuttgart verhaftet. Die Verhaftung beruhte – wie 1948 durch ein Spruchkammerverfahren festgestellt wurde – auf Informationen, die ein Verräter aus den Reihen der Stuttgarter Parteiorganisation der Gestapo geliefert hatte.

In der Untersuchungshaft versuchte die Gestapo, Stefan Lovász auch mit der Androhung von Repressalien gegen seine Familie unter Druck zu setzen; wie sehr er an seiner Frau und seinen Töchtern hing, geht aus einem liebevollen Brief hervor, den er im November 1935 aus der Haft an seine Frau schrieb. Aus dem umfangreichen Aktenmaterial ergibt sich aber nicht, dass die Gestapo mit ihren Vernehmungsmethoden Erfolg gehabt hätte.

Am 12.6.1937 verurteilte der in Stuttgart tagende 2. Senat des Volksgerichtshofs Stefan Lovász wegen „Vorbereitung zum Hochverrat unter erschwerenden Umständen“ zum Tode. Im Urteil wurde ausgeführt, dass er sich „in einer hohen Funktion ... äußerst intensiv betätigt und auf organisatorischem und agitatorischem Gebiet sehr gefährlich gewirkt“ hätte. Auch die mit ihm angeklagten Liselotte Herrmann, Josef Steidle und Artur Göritz wurden zum Tode verurteilt.

Ungeachtet einer breiten internationalen Solidaritätskampagne, die sich insbesondere gegen die Verurteilung der jungen Mutter Liselotte Herrmann richtete, wurden die Verurteilten in das Strafgefängnis Plötzensee in Berlin verlegt und dort am 20.6.1938 mit dem Fallbeil hingerichtet. Über die Hinrichtungen informierten nur Plakatanschläge und Pressemeldungen. Ein von Stefan Lovász in der Todeszelle geschriebener Abschiedsbrief wurde seiner Familie nicht übersandt.

Alma Lovász starb 1982.

An Liselotte Herrmann erinnert ein 2008 in Stuttgart verlegter Stolperstein.


Verfasser:
Michael Cochu (2013)

Informationsquellen:
Staatsarchiv Bremen, Akte 4,54-E6005
Bundesarchiv, Akte NJ 10710 Bd.1 (Urteil des Volksgerichtshofs - Az. 2 H 16.20.27/37-)
Dokumentation für die Ausstellung „Antifaschistischer Widerstand 1933 - 1945“, 2. Aufl., Bremen 1980
Rosenberger, Gerd-Rolf, Biografische Hinweise zu Stefan Lowacz, Typoskript, o.J.
Marßolek, Inge / René Ott, Bremen im 3. Reich, Bremen 1986
Weber, Hermann, Kommunismus in Deutschland 1918–1945, Darmstadt 1983
Weber, Hermann / Andreas Herbst, Deutsche Kommunisten, Biographisches Handbuch, 1918 bis 1945, Berlin 2004
Letsche, Lothar (Bearb.), Lilo Herrmann – eine Stuttgarter Widerstandskämpferin, 2. Aufl., Stuttgart 1993 (zu Stefan Lovász: S. 75 f., 87 f.)

Abbildungsnachweis:
Polizeifoto, 1935 (Bundesarchiv)

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Politisch Verfolgte
Glossarbeitrag Volksgerichtshof