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Eva Tiefenthal, *1913

FLUCHT 1934 NACH HOLLAND, INTERNIERT WESTERBORK, DEPORTIERT 1942 ,
AUSCHWITZ, ERMORDET 30.9.1942


Hermann-Böse-Straße 8
Bremen-Schwachhausen
ehemalige Straßenbezeichnung: Kaiser-Friedrich-Straße 8

Verlegedatum: 28.09.2012

Eva Tiefenthal

Eva Tiefenthal
geb. 30.4.1913 in Danzig

Eva Hanna Tiefenthal war die Tochter von Jakob Tiefenthal (geb. 16.5.1875 in Ronsdorf/Wuppertal, gest. 25.6.1964 USA) und seiner Ehefrau Erna geb. Heymann (geb. 7.9.1888 in Danzig, gest. 20.1.1971 USA). Das Ehepaar hatte zwei Kinder: Walter (geb. 2.9.1909 in Danzig) und Eva.

Eva kam am 17.4.1914 erstmals nach Bremen und lebte mit ihren Eltern zunächst in der Faulenstraße 53 und ab dem 20.12.1932 bis zum 1.3.1934 in der Kaiser-Friedrich-Straße 8 (heute Hermann-Böse-Straße).

Nach Abschluss ihrer Schulausbildung ging sie eine kaufmännische Lehre ein und war anschließend als Stenotypistin tätig.

Im Februar 1934 emigrierte sie nach Amsterdam. Dort war sie nach den Unterlagen der Fremdenpolizei vom 13.2.1934 bis zum 3.10.1942 gemeldet. Ihr letzter Wohnsitz war Amsterdam, Zoomstraat 54. Nach Angaben ihrer Eltern soll sie von Mai 1940 bis Juni1942 im Untergrund gelebt haben. Sie hat in verschiedenen Haushalten als Hausangestellte mit einem mtl. Einkommen um 20 - 35 Gulden gearbeitet, zuletzt bei einer Rechtsanwaltsfamilie. Als ihre Eltern 1936 nach Danzig übersiedelten und sich eine neue Existenz aufbauen mussten, unterstützte sie diese mit monatlichen Überweisungen zwischen 10 und 15 Gulden. Auch nachdem ihr Vater wieder Arbeit gefunden hatte, sandte sie gelegentlich noch ein Lebensmittelpaket nach Danzig.

Im Juli 1942 wurde sie verhaftet und am 15.7.1942 von Westerbork nach Auschwitz deportiert. Es war der erste Transport überhaupt, der von Westerbork aus abfuhr. In Auschwitz wurde sie ermordet und gilt ab dem 30.9.1942 als verstorben.

Im Entschädigungsverfahren erhielten ihre Eltern 1957 eine Zuwendung von 750 DM für die Zeit, die ihre Tochter im Konzentrationslager verbracht hatte (Schaden an Freiheit). Fassungslos über diese marginale Summe schrieb das Ehepaar an die Behörde: "...dass dies keine Entschädigung sein kann für die Leiden, die unsere Tochter auszustehen gehabt hat, und wir Eltern durch den gewaltsamen Tod unserer einzigen Tochter einen unersetzlichen Verlust erlitten haben."

Der Vater von Eva Tiefenthal war kaufmännischer Angestellter. Er arbeitete zunächst im Rhein-Ruhr-Gebiet und kam über München und Berlin nach Danzig. Hier arbeitete er zehn Jahre bei der Fa. Freymann, bis er 1914 nach Bremen übersiedelte, um mit seiner Frau die Modefirma S. Schickler als Eigentümer zu übernehmen. 1925 musste das Geschäft geschlossen werden und er reiste fortan als selbständiger Textilvertreter für bedeutende Firmen in Deutschland. Mit der nationalsozialistischen Machtübernahme gingen seine Verdienstmöglichkeiten kontinuierlich zurück, da sich die Firmen zunehmend weigerten von jüdischen Handelsvertretern einzukaufen. Nachdem ihm die Gewerbeerlaubnis entzogen wurde, verzog er mit seiner Frau 1936 nach Danzig. Nach der Besetzung von Danzig (1939) flohen beide illegal nach Palästina. Das Schiff wurde von den Engländern abgefangen, sie nach Mauritius gebracht und dort für fünf Jahre interniert. Nach Kriegsende wanderten sie in Palästina ein, verließen es aber nach elf Monaten, die sie in einem Camp in der Wüste Sinai zu verbringen hatten, um dann 1946 in die USA auszuwandern.

Evas Bruder Walter war gleichfalls in der Textilbranche beschäftigt, zuletzt als Abteilungsleiter für Woll- u. Waschstoffe. Am 30.4.1934 wurde er wegen seiner jüdischen Herkunft entlassen. Er zog am 6.4.1934 nach Danzig, seinem Geburtsort. Im Februar 1938 wanderte er mit seiner Ehefrau Hilde in die USA aus.


Verfasser:
Peter Christoffersen (2012)

Informationsquellen:
Staatsarchiv Bremen, Akten 4,54-E10925, E9117, E4080
Einwohnermeldekarte
Archiv Kampwesterbork
www.familysearch.org

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Westerbork
Glossarbeitrag Auschwitz