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Gerda Stoppelman, *1912

Flucht 1933 nach Holland, Interniert in Mechelen, Deportiert 1942,
Ermordet in Auschwitz


Wulwesstraße 19
Bremen-Mitte

Verlegedatum: 29.05.2013

Gerda Stoppelman

geb. 7.8.1912 in Oldenburg (Olb)

Gerda Moldauer, geb. Stoppelman, war die Tochter von Daniel Stoppelman (geb. 1878 in Winschoten) und seiner Ehefrau Klementine, geb. Meyer (geb. 1889 in Hilden). Das Ehepaar hatte drei Töchter: Gerda, Ellen (geb. 13.6.1914 in Oldenburg) und Margot (geb. 18.11.1919 in Bremen). Das Ehepaar lebte seit 1917 in Bremen. Ihr Vater war Viehhändler. Sie wohnte bis zum 1.7.1932 bei ihren Eltern in der Löningstraße 29. Danach wechselte sie mehrfach die Wohnung und lebte zuletzt vom 10.6. - 15.9.1933 in der Wulwesstraße 19.

Gerda Moldauer besuchte nach der Volksschule ungefähr sieben Jahre die Roseliusschule in Bremen, vormals Höhere Mädchenschule, und ging anschließend auf eine Handelsschule. Nach ihrem Abschluss arbeitete sie als Sekretärin des Geschäftsführers des Kuratoriums für die Verwaltung des Weser-Stadions. Mit der Entlassung des Geschäftsführers Presum im Jahre 1933, nach einer Zeitzeugin wegen unzureichender Wirtschaftsergebnisse, verlor auch die damalige Gerda Stoppelman ihren Arbeitsplatz. Später ging die Verwaltung des Weser-Stadions in die öffentliche Hand über.

Anschließend begann sie ihre Auswanderung in die Niederlande vorzubereiten. Sie meldete sich Anfang September für wenige Tage nach Köln ab, um beim dortigen niederländischen Konsulat eine Einwanderungsgenehmigung zu erhalten. Das musste ihr gelungen sein, denn am 15.9.1933 meldete sie sich nun nach Hilden ab. Hier lebten Verwandte ihrer Mutter, deren Wohnort sie vermutlich als Zwischenstation auf ihrer Flucht angab, zumal er auf dem Weg in die Niederlande lag. Am 15.11.34 wurde ihr die deutsche Staatsangehörigkeit aberkannt.

Ab dem 14.10.1933 war sie offiziell in Amsterdam unter der Anschrift Noorder Amstellaan 19 gemeldet. Am 24.7.1934 brachte sie ihren Sohn Peter zur Welt. Den Namen des Vaters gab sie nicht bekannt. Mit Hilfe des Sozialamtes fand sie ab dem 2.2.1935 Pflegeeltern, die Familie L.J.M. Verberne. Sie trug regelmäßig zum Unterhalt ihres Sohnes bei, da sie in Amsterdam eine Beschäftigung gefunden hatte. Sie arbeitete u.a. bei Phillips, schrieb für Zeitungen und war zumindest zuletzt wieder als Stenotypistin im Konfektionsbetrieb A. Langstedt tätig, bis dieser Betrieb wegen seines jüdischen Inhabers geschlossen wurde. In einer niederländischen Quelle wird als ihr Beruf Mannequin angegeben.

Am 7.5.1942 heiratete sie den Chauffeur Leon Moldauer (geb. 18.3.1901 in Jaslo) in Amsterdam. Ihre Eheschließung zeigten sie am 1. Mai in der Zeitung Het Joodsche Weekblad an. Vermutlich sah das jüdische Ehepaar keine Gefahr darin in einer Zeitung mit Adressangabe zu annoncieren, da die Erfassung der Juden in den Niederlanden bereits Mitte Juli 1941 abgeschlossen war.

Die Besetzung der Niederlande fand vom 10.-15.5.1940 statt. Am 4. Juli 1942 erfolgte der erste Aufruf der deutschen Besatzungsmacht an die Juden in Amsterdam „an der unter Polizeiaufsicht stehenden Arbeitsbeschaffung in Deutschland teilzunehmen" und sich zu melden. Dies war für viele Emigranten das Signal zum Untertauchen bzw. zur Flucht aus Holland. Am 14.7.42 begannen die ersten Razzien in Amsterdam, da sich anfangs nicht genügend Personen gemeldet hatten. Möglicherweise stand auch das Schicksal des Ehepaares Moldauer damit im Zusammenhang. Sie wurden am 26.8.1942 "auf der Flucht vor der ihr bevorstehenden Deportation" verhaftet. Allerdings wurden sie nicht in den Niederlanden interniert sondern kamen in das Sammellager Mechelen in Belgien. Von dort wurden Gerda und Leon Moldauer mit dem Transport XI/1161 am 26.9.1942 in das KZ Auschwitz deportiert.

Gerda Moldauer wurde umgehend ermordet, ihr Todestag wurde auf den 29.9.1942 festgelegt.

Leon Moldauer wurde zunächst zur Zwangsarbeit herangezogen. Es ist dokumentiert, dass er in der Zeit vom 9.11. - 22.10.1943 mehrmals im Häftlingskrankenbau Monowitz eingewiesen war. Das Konzentrationslager Monowitz (auch Auschwitz III) war Standort verschiedener Industriebetriebe im besetzten Südpolen. Es lag etwa sechs Kilometer östlich vom Stammlager Auschwitz I entfernt auf dem Gelände der Buna-Werke der IG Farben AG. Er kam nach niederländischen Angaben am 31.8.1944 ums Leben.

Dank des Aufenthalts in seiner Pflegefamilie überlebte Peter Stoppelman die Besatzungszeit. Er muss eine gesicherte Identität gehabt haben, da er bis Juni 1949 allgemeinbildende Schulen in Amsterdam besuchte. Am 26.6.1954 nahm er den Namen seines Pflegevaters an und hieß ab dann Peter Verberne.

Ihr Vater Daniel Stoppelman flüchtete am 27.12.1938 nach seiner Entlassung aus dem KZ Sachsenhausen nach Groningen, seine Ehefrau Klementine verließ am 10.7.1939 Bremen. Am 12.11.1942 wurden Sie verhaftet und in das Sammellager Westerbork eingewiesen, am 20.11.1942 weiter nach Auschwitz deportiert und am 23.11.1942 ermordet.

Der Schwester Ellen gelang Anfang Juli 1939 die Flucht nach England. Sie lebte später in Los Angeles. Schwester Margot verzog 1940 nach Hannover, wurde von dort am 15.12.1941 nach Riga deportiert. Sie überlebte ihre Deportation und wanderte später in die USA (New York) aus.


Verfasser:
Peter Christoffersen (2013)

Informationsquellen:
Staatsarchiv Bremen, Akte 4,54-E10819
Bundesarchiv, Gedenkbuch
www.joodsmonument.nl
www.communityjoodsmonument.nl
www.uni-muenster.de (Die Judenverfolgung in den Niederlanden 1940-45)

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Auswanderung
Glossarbeitrag Malines / Mechelen
Glossarbeitrag Auschwitz