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Adolf Waldmann, *1900

BERUFSVERBOT 1933, VERHAFTET 1939, „VORBEREITUNG HOCHVERRAT“ VERURTEILT 12.5.1939, ZUCHTHAUS OSLEBSHAUSEN, 1944 STRAFDIVISION 999
TOT 27.8.1944


Gastfeldstraße 57/59
Bremen-Neustadt

Verlegedatum: 13.10.2020

Adolf Waldmann


Gustav Adolf Waldmann wurde am 21.4.1900 in Bremen geboren. Seine Eltern waren der Werkmeister Adolph Waldmann und Mechthild, geb. Adam. Adolf hatte einen jüngeren Bruder Franz (geb. 1902). 1934 heiratete Waldmann die Kinderpflegerin Elfriede Eggers (geb. 1916). Elfriede und Adolf Waldmann bekamen bald zwei Söhne, Jürgen und Friedrich. Die Familie lebte immer in der Neustadt, zuletzt von 1936 bis 1945 in der Gastfeldstraße.

Adolf Waldmann wurde am Lehrerseminar Bremen zum Volksschullehrer ausgebildet und zunächst als Hilfslehrer eingesetzt, ab 1927 fest angestellt. Er unterrichtete an der Schule an der Oderstraße. Waldmann kam aus der Wandervogel-Bewegung und war Mitglied des Deutschen Freidenker-Verbandes und der Esperanto-Gesellschaft.

Darüber hinaus war er politisch vielfältig aktiv: als Mitglied der SPD, seit Mitte der 1920er Jahre auch als Mitglied im Internationalen Sozialistischen Kampfbund (ISK) und dessen Unterorganisation, dem politisch-dissidentischen Lehrerkampfbund. Der ISK rief ab 1930 – vergeblich – Gewerkschaften und Arbeiterparteien zu einheitlichen, überparteilichen sozialistischen Aktionen auf, um eine Abwehrfront gegen den Faschismus aufzubauen. Nach der Machtübertragung auf Hitler löste sich der ISK 1933 offi-ziell auf, setzte seine politische Aufklärungsarbeit jedoch im Untergrund fort.

Gewerkschaftlich organisierte Waldmann sich im Bremischen Lehrerverein, dem Vorläufer der heutigen GEW. Aus den Protokollen des Vereins geht hervor, dass Waldmann ein streitbarer Gewerkschafter war, der sich für eine strikte Trennung von Staat und Kirche einsetzte und sich etwa gegen die christliche Ausrichtung der Bremer Schulen wandte, die seiner Ansicht nach verschleierte Bekenntnisschulen seien. Er forderte das 9. Pflichtschuljahr und die Berufsschulpflicht ebenso wie die Abschaffung der Ziffernzeugnisse zugunsten von „Wortzeugnissen“.

Schon im März 1933 untersagte die Schulbehörde Waldmann wie fünf weiteren Bremer Lehrern „mit sofortiger Wirkung die Ausübung des Lehramtes“. Am 4.7.1933 wurde er endgültig aus dem Schuldienst entlassen. Waldmann schlug sich zunächst als Privatlehrer durch, arbeitete gelegentlich auch als„Fremdenführer“ in der Böttcherstraße.

Schon am 14.3.1933 war er kurzfristig in„Schutzhaft“ genommen worden; am 12.4.1933 konfiszierte dann die Gestapo bei einer Hausdurchsuchung diverse Bücher aus seiner umfangreichen Bibliothek. Am 23.1.1938 wurden weitere Bücher beschlagnahmt. Am 8.2.1938 musste Waldmann sich wegen „politischer Verdächtigung“ und „Verbreitung illegaler Schriften“ einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterziehen und kam in Untersuchungshaft: zunächst für ein Vierteljahr im Gefängnis Berlin-Alexanderplatz und dann in Berlin Lehrter Straße. Die Anklage lautete auf „Vorbereitung zum Hochverrat“. Der 4. Senat des Kammergerichts Berlin verurteilte Waldmann am 12.5.1939 zu zwei Jahren Zuchthaus und drei Jahren Ehrverlust. Der Prozess fand in Bremen statt. Die Strafe saß Adolf Waldmann vom 15.5.1939 an im Zuchthaus Bremen-Oslebshausen (Häftlings-Nr. 1099) ab. Am 12.2.1941 wurde Adolf Waldmann aus der Haft entlassen. Der Entlassungsschein dokumentiert, dass Waldmann von den 42,25 RM, die er besessen oder als Arbeitslohn erwirtschaftet hatte, 30 RM abgezogen wurden für die Straffälli- gen-Betreuung. Er erhielt einen Fahrschein III. Klasse sowie seinen Anzug und Mantel zurück, musste sich zunächst bei der Gestapo Am Wall 199 melden. Später hatte er für die Gerichtskosten noch 75 RM in Raten von 5 RM an die Gerichtskasse Berlin-Moabit einzuzahlen.

Nun versuchte Waldmann mit verschiedenen Arbeitstätigkeiten seine Familie über Wasser zu halten: zunächst bei der Kaffee-Großrösterei Hueck & Co, dann als Lagerbuchhalter bei J. Buchtorf, Wichelhausen & Co, schließlich von März 1943 an als Einkäufer und Kontorist bei Carl Brand (Holler Allee) – bis er am 3.1.1944 zum Militärdienst eingezogen wurde. Eigentlich war er für „wehrunwürdig“ erklärt worden; das am 24.3.1935 verliehene Ehrenkreuz für Kriegsteilnehmer des Ersten Weltkrieges war ihm schon 1939 vom Bremer Polizeipräsidenten entzogen worden. Waldmann musste sich auf dem Truppenübungsplatz Baumholder bei der 1. Schützen-Ausbildungskompanie der berüchtigten Strafdivision 999, auch „Bewährungseinheit“ genannt, einfinden. Am 10.5.1944 kam er dann zur 3. Kompanie des Festungs-Infanterie-Bataillons XIX/964, das zur „Bandenbekämpfung“ in Jugoslawien eingesetzt wurde, ein Todeskommando. Am 27.8.1944 sei er „von einem Einsatz gegen Banditen nicht zurückgekehrt“ und vermutlich „dem Feind in die Hände gefallen“, schrieb der Kompanieführer später an die Ehefrau Waldmanns. Sie selbst erhielt eine letzte Karte von ihrem Mann am 25.8.1944. Als Todesort geben der Volksbund Kriegsgräberfürsorge und die Deutsche Dienststelle für die Benachrichtigung von Gefallenen der ehemaligen Wehrmacht „bei Zabrade/Kroatien“ an. Zabrade ist ein kleiner Ort auf der Halbinsel Peljesac. Waldmann wurde 1951 für tot erklärt.

Die beiden Lehrer Hermann Böse und Adolf Waldmann wurden vom Senator für Bildung als Todesopfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft im Schulbereich an das Bundesministerium des Inneren gemeldet, als das Ministerium die Opfer des Öffentlichen Dienstes 1971 in einer Dokumentation erfasste.

Franz Dwertmann (2020)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54–E635, Einwohnermeldekartei; Zuchthausbuch Oslebshausen
Wulff, Heinrich: Schule und Lehrer in Bremen. Bd I und II, Bremen 1950