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Biografie im Erinnerungsportal, kein Stolperstein vorhanden

Jacob Sprei, *1902

1939 Flucht Belgien, Interniert in Lagern in Südfrankreich, 1942 Deportation Auschwitz, ermordet 29.9.1942


Schillerstraße 32
Bremen-Mitte

Jacob Sprei

Jacob Sprei

Jacob Sprei ist am 18.10.1902 Bremen geboren worden und war der Sohn von Heinrich und Lotti Sprei, geb. Sprei. Sein Vater hatte ein Pelzwarengeschäft in der Ansgaritorstraße 5. Seine Mutter starb 1930 und sein Vater 1931 in Bremen. Ihr Grabstein ist auf dem jüdischen Friedhof in Bremen-Hastedt erhalten geblieben. Das Ehepaar hatte fünf Kinder: Salomon (geb. 1890 in Wisnicz), Berta (geb. 1898 in Wisnicz), Eidel gen. Elsa (geb. 1900 in Wisnicz), Adolf (geb. 1906 in Bremen) und Jacob.

Ab ca. 1930 scheint er sich selbständig gemacht zu haben, da er im Adressbuch mit einem Textilwarengeschäft in der Georgstraße 29 aufgeführt ist. Am 15.2.1932 wechselte er die Branche und übernahm den von seiner Schwester Elsa gegründeten Kunstverlag u. Rahmenverkauf. Er firmierte nun unter Bremer Kunstverlag. Die Räume in der Georgstraße wurden beibehalten. Im März 1935 musste er sein Geschäft vermutlich als Folge der nationalsozialistischen Verdrängungsmaßnahmen aufgeben. Das Geschäft wurde von seinem nichtjüdischen Schwager Carl Wüstenbecker fortgeführt. Auf der Einwohnermeldekarte ist er seitdem als kaufmänn. Angestellter eingetragen.

Er verließ sein Elternhaus 1931 und zog in die Uhlandstraße 17, später in die Lindenstraße 2 und ab Sommer 1936 in die Schillerstraße 32. Zeitweise wohnte sein Bruder Adolf bei ihm, der Rechtswissenschaft studierte. Im Gemeindeblatt von November 1934 teilte er seine Verlobung mit der Kontoristin Ilse Josephs (geb. 1913 in Jever) mit. Sie emigrierte 1938 in die USA. Am 1.12.1937 meldete sich Jacob Sprei nach Hagen, Alleestraße 33, ab.

In der Hagener Alleestraße wohnte die Familie Louis/Levy Löwenstein. Seine Tochter Grete (geb. 1909 in Herne) teilte im Januar 1937 der Gestapo in Hagen mit, dass sie mit ihrem Verlobten Jacob Sprei im März nach Afrika auswandern wolle. Dazu kam es aber nicht. Im Dezember zog Jacob dann nach Hagen um. Wo und wann er seine neue Verlobte kennenlernte ist nicht bekannt. Grete Löwenstein war als Einkäuferin von Damenbekleidung und Buchhalterin bis 1936 bei Verwandten in Hildesheim beschäftigt gewesen. Ihr gelang es am 6.4.1938 in die USA auszuwandern. Jacob teilte Anfang Januar 1939 der Oberfinanzdirektion Münster mit, dass er sobald wie möglich in die USA auswandern wolle.

Vermutlich noch auf die Einreisepapiere wartend, emigrierte er nach Belgien und war ab dem 12.1.1939 in Antwerpen gemeldet. Die belgischen Unterlagen weisen aus, dass er von seinem Bruder Adolf, der im April 1938 in die USA emigriert war, unterstützt wurde. Am 10.5.1940, dem Tag der Besetzung durch die Wehrmacht, wurde er von der belgischen Polizei als "verdächtiger Ausländer" verhaftet. Die belgischen Behörden nahmen zahlreiche jüdische Flüchtlinge aus Furcht vor Spionage fest und lieferten sie nach Frankreich aus. Dort wurden sie von den französischen Behörden übernommen und in das Lager Saint-Cyprien in der Nähe von Perpignan interniert. Vom 31.10.1940 bis zum 23.2.1941 war er im Lager Gurs interniert und kam anschließend in das Lager Les Milles.

1942 lieferte das Vichy-Regime den nationalsozialistischen Besatzern 10.000 ausländische Juden zur Deportation in die Vernichtungslager aus. Im August wurden in großen Razzien die Flüchtlinge verhaftet und in Lager eingewiesen. Zwischen August und September 1942 wurden um 2.000 Juden aus Les Milles nach Drancy überführt. Unter ihnen war auch Jacob Sprei.

Vom Sammellager Drancy bei Paris wurde er mit dem 21. Transport am 19.8.1942 nach Auschwitz deportiert. Der Transport traf am 21. im Vernichtungslager ein, er bestand aus 1.000 Personen, darunter 373 Kinder unter 13 Jahren. 817 Personen wurden umgehend in den Gaskammern ermordet. 138 Männer wurden für den Arbeitseinsatz selektiert, darunter auch Jacob Sprei, der die Häftlingsnummer 60556 erhielt. Er wurde als Tischler registriert. Am 25.9.1942 verstarb er im Konzentrationslager angeblich an Herzmuskelinsuffizienz.

Von seinen Geschwistern wurden Opfer des Holocaust: Elsa 1941 in Lodz; Berta, verh. Wüstenbecker, 1941/1942 in Minsk; sowie sein Neffe Herbert, der am 26.10.1942 gleichfalls in Auschwitz ermordet wurde. Adolf Sprei emigrierte 1938 in die USA, Salomon Sprei mit seiner Ehefrau und jüngstem Sohn nach Argentinien.

Ein Stolperstein kann nicht verlegt werden, da Ansgaritorstraße 8 und sein letzter Wohnort Schillerstraße 32 heute nicht mehr existieren.

Peter Christoffersen (2025)

Informationsquellen:
StA Bremen Einwohnermeldekartei
Landesarchiv NRW L001a/8884, L001a/5700, K104/53878
Gemeindeblatt der Israel. Gemeinde Bremen vom 14.11.1934
Deportationsliste des 21. Transportes aus Drancy (www.memorialdelashoah.fr)
Arolsen Archives
Archiv Kazerne Dossin (Mechelen)
Czech, Danuta (Hg.): Kalendarium der Ereignisse im KZ Auschwitz-Birkenau 1939-1945, Reinbek bei Hamburg 1989
Obschernitzki, Doris: Letzte Hoffnung – Ausreise, Die Ziegelei von Les Milles 1939-1942, Teetz 1999

Abbildungsnachweis: Kazerne Dossin

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Auswanderung
Glossarbeitrag Gurs
Glossarbeitrag Drancy
Glossarbeitrag Auschwitz