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Glossar

Theresienstadt (Ghetto)

Theresienstadt (Terezín/Tschechien) war ursprünglich Ende des 18. Jahrhunderts als Festungsstadt erbaut worden, kurz vor der Mündung der Eger in die Elbe gelegen. In der Lagergeschichte wird nach der größeren Garnisonsstadt und der Kleinen Festung unterschieden. Letztere war hauptsächlich Gestapo-Gefängnis für Angehörige des tschechischen Widerstandes. Theresienstadt wird in der Holocaust-Forschung als Ghetto klassifiziert und nicht zu den Konzentrationslagern gezählt.

Die Garnisonsstadt diente ab 1941 als Internierungslager für über 50.000 Juden aus Böhmen und Mähren. Ab 1942 war sie das Deportationsziel „privilegierter“ Juden (u.a. Alte, Prominente, Künstler, Wissenschaftler) aus dem Deutschen Reich. Es gab ein reges kulturelles Leben und im Inneren eine scheinbare "Selbstverwaltung". Die Propaganda der Nazis, Theresienstadt als Verbannungsort oder Vorzugslager zu inszenieren, wirkt teilweise noch bis heute nach. Tatsächlich jedoch unterschieden sich die Lebensbedingungen in den überbelegten Unterkünften kaum von denen in den Konzentrationslagern. Die Festungsstadt diente für den größten Teil der Opfer als Zwischenstation für die Deportation in die Vernichtungslager. Ab 1942 gingen die Transporte überwiegend nach Auschwitz, Treblinka, Majdanek oder Sobibór.

Sofern die Ghettohäftlinge nicht in Vernichtungslager transportiert wurden, erlagen viele den Entbehrungen der Lagerhaft. Die Ernährung lag vielfach unter dem Existenzminimum, war oft mangelhaft oder verdorben. Die Folge waren Erschöpfungszustände – insbesondere bei der Ableistung von schwerer Arbeit – und Mangelkrankheiten. Die katastrophalen Lager- und Hygieneverhältnisse führten zu Krankheitsepidemien (z.B. Typhus).

Insgesamt wurden 141.000 Juden nach Theresienstadt deportiert. Über 33.000 Menschen sind im Ghetto gestorben und 88.000 in andere KZs deportiert worden (3.500 von ihnen überlebten). Am 5.5.1945 wurde die Stadt dem Internationalen Roten Kreuz übergeben und am 8.5.1945 von der sowjetischen Armee befreit.

Aus Bremen gingen mehrere Transporte nach Theresienstadt. Die erste Deportation fand am 23.7.1942 mit 196 Personen statt (davon 163 Personen aus Bremen). Das Jüdische Altersheim in Gröpelingen wurde dabei restlos geräumt. Von den aus Bremen Deportierten überlebten nur 22.

Die zweite Deportation fand am 13.2.1945 mit 55 Personen statt. Betroffen waren die in „Mischehen“ lebenden Juden und deren „halbjüdische“ Kinder. Von ihnen überlebten bis auf eine Person alle.

Ein für den 15.3.1945 vorgesehener Transport fand aufgrund der sich zuspitzenden Kriegsereignisse nicht mehr statt.

Daneben gab es zahlreiche Einzeldeportationen nach Theresienstadt. Für 28 Personen aus Bremen lässt sich dieses Deportationsziel nachweisen.


Quellen / Weitere Informationen:
Benz, Wolfgang (Hrsg.): Lexikon des Holocaust, München 2002

Benz, Wolfgang/Distel, Barbara (Hrsg.): Der Ort des Terrors: Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager, Bd. 9: Arbeitserziehungslager, Ghettos, Jugendschutzlager, Polizeihaftlager, Sonderlager, Zigeunerlager, Zwangsarbeiterlager, München 2009

Christoffersen, Peter: Die Deportation Bremer Juden in das Ghetto Theresienstadt. In: Christoffersen, Peter/Johr, Barbara (Hrsg.): Stolpersteine in Bremen, Band 5, Bremen 2019

Marßolek, Inge/Ott, René: Bremen im Dritten Reich, Bremen 1986

Rohdenburg, Günther (Bearb.): »Judendeportationen« von Bremerinnen und Bremern während der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. 2., überarb. Aufl., Bremen 2009


Peter Christoffersen (2019)


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