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Dorothee Balmes, geb. Meinecke, *1889

eingewiesen 26.8.1942 in die "Heilanstalt" Uchtspringe
ermordet 13.11.1944


Fleetrade 62
Bremen-Hemelingen

Dorothee Balmes


Sophie Louise Dorothee Balmes (genannt Dora) wurde am 3.5.1889 als Tochter des Mau-
rermeisters Johann Meinecke und seiner Frau Johanne in Bremen geboren. Sie hatte
zwei Brüder und drei Schwestern. 1920 heiratete sie den Dekorateur Johann Balmes. Im
August 1921 kam der einzige Sohn (1921-1945) zur Welt.

Bereits 1927 zeigten sich bei Dora Balmes erste Anzeichen einer psychischen Erkran-
kung. Im Juli 1935 wurde sie schließlich in die Bremer Nervenklinik eingewiesen. Ab
Beginn ihrer Einweisung arbeitete sie in der Näh- und Plättstube, später betätigte sie
sich bei der Reinigung des Wachsaals. Anfragen ihres Mannes an die Klinikleitung, seine
Frau versuchsweise zu entlassen, lehnten die Ärzte ab. Etwa viermal im Jahr besuchte sie
ihr Sohn in der Bremer Nervenklinik.

Dora Balmes verlegte man am 26.8.1942 zusammen mit 39 weiteren „Langzeitpatientin-
nen“ von Bremen in die Landesheilanstalt Uchtspringe. Von den 40 Patienten starben
39 bis Kriegsende, das Schicksal einer Frau ist unbekannt. Ende Januar 1944 wurde Dora
Balmes mit anderen Kranken nach Magdeburg gebracht und Ende August nach Ucht-
springe zurückverlegt.

Uchtspringe gehörte zu den Anstalten, in denen Ärzte und Pflegepersonal nach dem
Stopp der zentralen Tötungsaktion von Menschen mit psychischen Behinderungen
(Aktion T4) weiterhin töteten. Ende 1944 hatte der Leiter der Uchtspringer Anstalt Dr.
Ernst Beese (gest. 1945) nach Rückkehr von einer Besprechung in Berlin erklärt, dass der
Reichsausschuss ihm den Auftrag erteilt habe, erwachsene Geisteskranke zu „euthana-
sieren“. In einem Nachkriegsprozess sagte die Uchtspringer Ärztin Dr. Hildegard Wesse
(1911-1997) aus, sie habe daraufhin selbst die Tötung von dreißig Frauen übernommen,
„um Schlimmeres zu verhüten“.

Genau zu dieser Zeit, am 13.11.1944, starb die 55-jährige Dora Balmes. In der Kranken-
akte gab Dr. Wesse als offizielle Todesursache eine „Sepsis“ an.

Gerda Engelbracht (2023)

Informationsquellen:
Landesarchiv Sachsen-Anhalt, Abteilung Magdeburg C 98 Uchtspringe, Nr. 1962: Krankenakte Dorothee Balmes
Synder, Kriemhild: Die Landesheilanstalt Uchtspringe und ihre Verstrickung in nationalsozialistische Verbrechen, in:
Hoffmann, Ute (Hrsg.): Psychiatrie des Todes. NS-Zwangssterilisation und „Euthanasie“ im Freistaat Anhalt und in der
Provinz Sachsen, Magdeburg 2001, S. 75-96

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Euthanasie" / Zwangssterilisation
Glossarbeitrag "Heilanstalten"