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Adolf Cohn, *1891

verhaftet 2.9.1944 KZ Neuengamme
tot 25.2.1945


Prangenstr. 37
Bremen-Östliche Vorstadt

Adolf Cohn


Adolf Cohn wurde als Sohn von Lina Cohn am 2.9.1891 in Hannover geboren. Sein Vater blieb unbekannt. Er lebte bis zum zweiten Lebensjahr im Waisenhaus und dann bis zum Alter von 14 Jahren bei einem Bauern. Seine Mutter war zwar Jüdin, aber Adolf Cohn wurde evangelisch getauft und konfirmiert.

Er erlernte das Schneiderhandwerk. In der Zeit vom 4.4.1906 bis zum 13.11.1911 war er in Bremen gemeldet, zuletzt im Philosophenweg. Während seines Einsatzes als Soldat im Ersten Weltkrieg wurde er bereits 1915 so schwer verwundet, dass seine Entlassung aus dem Kriegsdienst erfolgte.

Ab 30.4.1917 war er – von Königsberg kommend – erneut in Bremen gemeldet. Seit dem 23.7.1917 lautete die Anschrift Prangenstraße 37. Zwei Tage vorher hatte er die evangelische Köchin Elisabeth Sophie Margarete Hambrock, geboren am 16.9.1893 in Hassel/Kreis Hoya, geheiratet. Ihre Tochter hieß Margarete Marie. Adolf Cohn konnte aufgrund seiner Kopfverletzung aus dem Krieg nicht mehr als Schneider arbeiten, sondern nur noch einfache Arbeiten ausführen, z. B. als Hilfsweichensteller. Ab 1925 war er als Bote bei der Firma Norddeutscher Lloyd angestellt.

Nach den NS-Rassegesetzen galt Adolf Cohn als „Halbjude“. Da er mit einer nichtjüdischen Partnerin in einer „privilegierten Mischehe“ lebte, blieb er zunächst von Verfolgungsmaßnahmen weitgehend verschont. So arbeitete er weiterhin beim Norddeutschen Lloyd. Die Firma musste jedoch unter dem Druck der Weltwirtschaftskrise Staatshilfe in Anspruch nehmen. Dafür handelte sie sich eine Staatsaufsicht ein und geriet nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten voll und ganz unter deren Einfluss. Für Adolf Cohn hatte das zur Folge, dass er auf Drängen der Gestapo per 30.9.1942 entlassen wurde, weil er nicht den geforderten Nachweis erbringen konnte, dass er tatsächlich ein „Halbjude“ war. Er wurde zum „Volljuden“ erklärt und musste in der Bremer Maschinenfabrik Eickemeyer vom 16.9.1942 bis zum 1.9.1944 Zwangsarbeit leisten.

Im Sommer 1944 wurde über Adolf Cohn ein Ausgeh- und Bunkerverbot verhängt. Am 2.9.1944 lud ihn die Gestapo vor wegen „Erregung öffentlichen Ärgernisses“. Als Begründung wurde angeführt, dass die Cohns sich geweigert hätten, nach einem Bombenangriff Wohnraum für ausgebombte jüdische Menschen zur Verfügung zu stellen. Sowohl diese Weigerung wie die gegenüber dem Sachbearbeiter des Wohnungsamtes angesprochene Scheidungsabsicht der Eheleute hat dieser dokumentiert. Adolf Cohn wurde in „Schutzhaft“ genommen und im Arbeitserziehungslager Farge interniert. In einem Brief vom 3.11.1944 an seine Frau bat er sie um Essen und Zigaretten und schrieb: „gib dem Wachtmeister paar Gläser Schnaps“. Von dort wurde er in das Konzentrationslager Neuengamme überstellt, wo er am 25.2.1945 verstarb.

Im Oktober 1944 wurden Mutter und Tochter Cohn trotz des Hinweises auf die Schei- dungsabsicht als „jüdisch Versippte“ zum Arbeitseinsatz in die Dreherei der Firma Krupp abkommandiert. Die Wohnung in der Prangenstraße 37 wurde im November 1944 mit vollständigem Inventar beschlagnahmt, doch konnten beide bereits am 1.5.1945 wieder einziehen. Wegen unterschiedlicher Aussagen zu der Scheidungsabsicht der Eheleute Cohn wurde nach Kriegsende ein Rechtsstreit um Entschädigungsleistungen geführt mit dem Ergebnis, dass das Hanseatische Oberlandesgericht Bremen am 20.4.1955 der Witwe von Adolf Cohn eine Hinterbliebenenrente zusprach.

Barbara Ebeling (2016)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E4337, Einwohnermeldekartei
www.hapag-lloyd.de/press_release_page_9520html (Abruf 2016)

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Arbeitserziehungslager
Glossarbeitrag Neuengamme