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Adolf Goldberg, *1871

deportiert 1942 nach Theresienstadt
tot 19.1.1943


Schildstr. 1
Bremen-Mitte

Adolf Goldberg

Adolf Goldberg
geb. 9. 1. 1871 in Bremen
Adolf Goldberg wurde „nachmittags 1 Uhr“ mit Hilfe der Hebamme Elise Weskampe als Sohn des Schlachters Meyer Goldberg und seiner Frau Lisette geboren. Beim Standesamt wurde er als „Israelit“ eingetragen. Sein Elternhaus stand in der Waller Chaussee 21 (heute: Waller Heerstraße). Die Eltern zogen später in die Waller Chaussee 25 und 1893 in die Waller Chaussee 10. Im Jahre 1900 wurde aus dem Schlachtermeister ein „Privatmann“, das Rentnerpaar zog in die Utbremer Str. 135 und 1901 in die Utbremer Straße 50. 1907 starb der Vater und die verwitwete Mutter zog in die Landwehrstraße 102. Alle diese Häuser und Straßen der Doventorsvorstadt (Nähe Europahafen) wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört.
Adolf Goldberg wohnte als junger Mann zeitweise in Grambke und ab 1904 in der Hansastraße 117 (Doventorsvorstadt). Am 9.4.1908 heiratete er Johanna Buck, Tochter des Maurers August Buck und dessen Frau Dorothee, und zog mit ihr in die benachbarte St. Magnus Straße 113. Es ist zu vermuten, dass ihre Ehe auch kirchlich geschlossen und Adolf Goldberg vorher christlich getauft wurde, denn auf der Einwohnermeldekarte von 1930 sind beide Eheleute als evangelisch vermerkt.
Das Ehepaar zog 1911 in die Hansestraße 159, dann 1913 in die Hansestraße 140 und 1915 in die Kölner Straße 70. Am 22.7.1932 verstarb Adolfs Goldbergs Frau Johanna 68-jährig (ein Jahr vor ihrer Silberhochzeit). Adolf Goldberg war damals 61 Jahre alt. Die späte Ehe war kinderlos und so blieb er als Witwer alleinstehend zurück. Im Mai 1938 ging er mit 67 Jahren in Rente. Er war zuvor noch für vier Monate am Gröpelinger Deich 86 und dann ab Mai 1938 in der Wacholderstraße 27 wohnhaft.
Als alleinstehender alter Mensch und ausgegrenzter Christ jüdischer Herkunft verließ Adolf Goldberg 70-jährig seinen heimatlichen Bremer Westen und zog im August 1941 in die Enge des Bremer Ostertorviertels, in die Schildstraße 2, und zwei Monate später in das Haus Nr.1. Diese beiden Häuser gehörten dem bremischen Blindenverein, welcher darin Wohnungen für Blinde und Sehbehinderte unterhielt und im Innenblockbereich zur Luisenstraße und zum Sielwall (Begegnungsstätte des Blindenvereins) Werkstätten für Blinde betrieb. Das Stuhl- und Korbflechten sowie Bürstenmachen war seinerzeit eine Domäne der Blinden. 1934 waren z.B. von den neun in der Schildstraße 1-2 gemeldeten Bewohnern vier als Bürstenmacher angegeben, im gegenüber liegenden Hause Schildstraße 7 war die Bürstenwarenhandlung Pflug.
Adolf Goldberg war auf Grund seines Alters und seines Gesundheitszustandes der Arbeit in der Blindenanstalt bald nicht mehr gewachsen und zog am 14.2.1942 in das Jüdische Altersheim in der Gröpelinger Heerstraße 167.
Am 23.7.1942 wurde Adolf Goldberg im Alter von 71 Jahren im Sammeltransport VIII/1 mit Güterwaggons über Hannover in das Ghetto Theresienstadt deportiert, zusammen mit allen anderen Bewohnern des Altersheimes und weiteren Juden aus Bremen.
Adolf Goldberg bekam die Lager-Nummer VIII/1-654 und war in Gebäude L 505, Zi.04, untergebracht. Er lebte dort nur noch ein halbes Jahr und starb am 19.1.1943, zehn Tage nach seinem 72. Geburtstag. Als Todesursache wurde Altersschwäche angegeben. Der Leichnam Adolf Goldbergs wurde im benachbarten KZ Leitmeritz (Litomĕřice) verbrannt, seine Asche lagerte bis Ende 1944 in einer Pappschachtel im Kolumbarium, das sich in der Festungsmauer von Theresienstadt befindet. Kurz vor Kriegsende wurde sie von der SS in die Eger gekippt, zusammen mit der von etwa 25.000 weiteren Opfern.
Was für ein Musiker war Adolf Goldberg?
Musiker ist die stete Berufsangabe von Adolf Goldberg in den Adressbüchern und auf seiner Einwohnermeldekarte. Mit Sicherheit gehörte er nicht zu den namhaften Vertretern seiner Zunft, denn in den einschlägigen Archiven und Standardwerken über das Musikleben seiner Zeit findet sich keinerlei Eintrag. Er war also vermutlich einer der vielen „namenlosen“ Bremer Musiker, die sich mehr schlecht als recht bei Hochzeiten, Familienfeiern, Tanzgelegenheiten oder vielleicht als Straßenmusiker ihren Unterhalt verdienten.

Verfasser:
Kurt Sommer, Bremer Chorwerkstatt (2011)

Informationsquellen:
Staatsarchiv Bremen, Bremer Zivilstandsregister 1871
Staatsarchiv Bremen, Einwohnermeldekartei
Staatsarchiv Bremen, Bremer Adressbücher
Lagerarchiv Terezin (Theresienstadt)

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Christen jüdischer Herkunft
Glossarbeitrag Theresienstadt