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Erna Hoyer, *1914

Eingewiesen 26.9.1942 Bremer Nervenklinik, "verlegt" 9.12.1943 Heilanstalt Meseritz-Obrawalde,
ermordet 18.12.1943


An der Gete 137
Bremen-Schwachhausen

Verlegedatum: 17.10.2016

Erna Hoyer

Erna Hoyer

Erna Hedwig Käthe Hoyer wurde am 7.12.1914 in Bremen geboren. Sie war die Tochter von Hermann Hoyer (geb. 30.11.1883) und seiner Ehefrau Hermine Schmidt (geb. 1.2.1885); das Ehepaar war seit seiner Heirat im Mai 1909 in Bremen gemeldet. Hermann Hoyer machte sich ab Oktober 1912 als Landschaftsgärtner selbständig. Er war so erfolgreich, dass er ab 1.10.1912 das Haus An der Gete 137 erwerben konnte. Ernas Schwester Irmgard wurde am 25.12.1923 ebenfalls in Bremen geboren.

Erna Hoyer lebte seit dem 24.5.1924 im Haus Reddersen in Bremen, Luisental 5. Noch 1933 beschrieb die Heimleitung der Einrichtung als Zielsetzung, dass die Bewohner „nach heilpädagogischen Gesichtspunkten gepflegt, erzogen und unterrichtet werden“. Von dem seit 1.1.1934 in Kraft getretenen Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses, das die Möglichkeit einer Zwangssterilisation vorsah, waren die Bewohner jedoch massiv betroffen. Die für Erna Hoyer gestellte Diagnose „angeborener Schwachsinn“ war Bestandteil des im Gesetz aufgeführten Kataloges der „Erbkrankheiten“ - mit den entsprechenden Folgen für sie. Im Januar 1935 entschied das Amtsgericht Bremen über die Einleitung des Verfahrens zur „Unfruchtbarmachung“. Nach der Stellungnahme des Direktors von Haus Reddersen und aufgrund des ärztlichen Gutachtens, ergänzt durch eine „Intelligenzprüfung“, ordnete das dem Amtsgericht zugeordnete Erbgesundheitsgericht am 15.3.1935 die „Unfruchtbarmachung“ an. Sie erfolgte am 16.5.1935 in der Frauenklinik des Krankenhauses St.-Jürgen-Straße.

Nachdem das Haus Reddersen 1939 vom Staatlichen Gesundheitsamt übernommen und zum Hilfskrankenhaus für das St.Joseph-Stift umgewandelt worden war, wurden die Bewohner verteilt: Arbeitsfähige wurden vom Krankenhaus übernommen, andere zogen in ihre Familien zurück. Erna Hoyer lebte ab 1.9.1939 wieder in ihrer Familie. Diese Regelung überforderte aber auf Dauer die Familie, sodass sie im September 1942 in die Bremer Nervenklinik aufgenommen wurde. Nach der Bombardierung der Klinik im November 1943 wurde Erna Hoyer am 9.12.1943 in die Tötungsanstalt Meseritz-Obrawalde „verlegt“, wo sie nur wenige Tage später, am 18.12.1943, im Alter von 29 Jahren starb. Die offizielle Diagnose lautete „Lungen u. Darm-Tbc“.

Am 16.12.1943 kam ihr Vater bei einem Fliegerangriff ums Leben. Ihre Mutter lebte bis Ende Dezember 1957 in Bremen.

Barbara Ebeling (2017)

Informationsquellen:
StA Bremen Einwohnermeldekartei, Erbgesundheitsakte 4,130/2 147/35
Archiv Klinikum Bremen-Ost, Krankenakte
Engelbracht, Gerda: Erinnerungsbuch für die Opfer der NS-Medizinverbrechen in Bremen, Bremen 2016, S. 134
Dieselbe, Medizinverbrechen an Bremer Kindern und Jugendlichen, Frankfurt (Main) 2014

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Euthanasie" / Zwangssterilisation
Glossarbeitrag "Heilanstalten"