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Biografie im Erinnerungsportal, kein Stolperstein vorhanden

Wilhelm Drastik, *1888

Eingewiesen 1927 Bremer Nervenklinik, "verlegt" Heilanstalt Meseritz-Obrawalde, ermordet 29.12.1943



Bremen-Osterholz
ehemalige Straßenbezeichnung: Bremer Nervenklinik

Wilhelm Drastik


Wilhelm Drastik wurde am 9.12.1888 in Köberwitz (vormals Schlesien, heute Tschechien) geboren. Er soll gute schulische Leistungen gezeigt haben. Sein Vater verstarb zu einem unbekannten Zeitpunkt, so dass seine Mutter die einzige Bezugsperson war.

Er machte zunächst eine Ausbildung zum Maurer. Am Ersten Weltkrieg hat er nicht aktiv teilgenommen, sondern fuhr zur See. Vermutlich wurde sein Handelsschiff von den Engländern gekapert und er geriet in Gefangenschaft. 1919, nach seiner Entlassung, fuhr er erneut zur See. Während der Landgänge lebte er zunächst in Neustadt/Holstein, später bei seiner Mutter in Hamburg Altona.

1924 erblindete er und wurde in Bremen mit Salvasan behandelt, damals das erste wirksame Medikament gegen Syphilis. Bei der Anamnese gab er an, sich mit 17 Jahren an Gonorrhoe infiziert zu haben.

Im Mai 1926 diagnostiziert man im Krankenhaus Altona bei ihm Taboparalyse, eine veraltete Bezeichnung für eine seltene neurologische Erkrankung, die als Spätfolge einer unbehandelten Syphilis auftritt. Sie ist unter anderem durch eine Degeneration des Rückenmarks gekennzeichnet. Für die folgenden neun Monate wurde er in der Provinzial Heil- und Pflegeanstalt Neustadt aufgenommen. Begleitet von einem Fürsorgesekretär erfolgte die Verlegung im Februar 1927 in das St. Jürgen-Asyl in Bremen.

In der Krankenakte ist vermerkt, dass der Patient keinen Besuch bekam. Es sind jedoch mehrere Briefe der Mutter archiviert, die immer wieder um Auskunft über den gesundheitlichen Zustand ihres Sohnes bittet, in dem Vertrauen ihn eines Tages wieder bei sich zu haben. Sind die Antworten zunächst noch mit einer Hoffnung auf Besserung verbunden, heißt es Ende 1927 bereits, dass keine Aussicht auf Heilung besteht.

Im St. Jürgen Asyl war Wilhelm Drastik wenig kommunikativ, lehnte arbeiten in der Bürstenmacherei ab und führte viele Selbstgespräche. Ab Mitte der 1930er Jahre war er fast ausnahmslos bettlägerig und teilnahmslos.

Am 9.12.1943 wurde Wilhelm Drastik in die Tötungsanstalt Meseritz-Obrawalde verlegt. Die meisten der verlegten Patienten starben infolge von Medikamentenüberdosierungen, durch Nahrungsentzug, pflegerische oder medizinische Vernachlässigung.
Der 55-jährige Wilhelm Drastik starb am 29.12.1943. Als angebliche Todesursache wurde „progressive Paralyse“ angegeben.

Wegen eines fehlenden Wohnsitzes in Bremen kann hier kein Stolperstein verlegt werden.

Kornelia Renemann (2025)

Informationsquellen:
Archiv Klinikum Bremen-Ost, Krankenakte

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Euthanasie" / Zwangssterilisation
Glossarbeitrag "Heilanstalten"