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Henny Warschauer, geb. Gusdorf, *1884

deportiert 1941
ermordet in Minsk


Humboldtstr. 10
Bremen-Östliche Vorstadt


Humboldtstr. 10 - Weitere Stolpersteine:


Henny Warschauer

geb. 2.3.1884 in Detmold

Henny Warschauer, geb. Gusdorf, war die Tochter von Moses Gusdorf (gest. 1917 in Hildesheim) und seiner Ehefrau Regina, geb. Frankenstein (gest. 1927 in Hildesheim).

Sie besuchte vom 6. bis zum 15. Lebensjahr die jüdische Elementarschule in Detmold. Anschließend machte sie eine kaufmännische Lehre in Hildesheim und arbeitete danach mehrere Jahre als Verkäuferin. Ihre nächste berufliche Station war eine Vertretung der Hildesheimer Corsettfabrik E. u. M. Gusdorf, die sich offenbar, geht man von ihrem Geburtsnamen aus, in Familienbesitz befand.

Seit dem 4.12.1919 war sie in Bremen in der Weberstraße 26 gemeldet. Am 1.11.1920 heiratete sie den Kaufmann Jakob Warschauer (geb. 1880 in Gnesen). Aus der Ehe stammten die 1921 und 1924 geborenen Söhne Walter und Kurt.

Jakob Warschauer betrieb seit 1919 ein Fahrrad- und Nähmaschinengeschäft mit kleiner Werkstatt in der Weberstraße 26. Da ihr Mann oft auf Reisen war, eignete sie sich viele technische Kenntnisse an, so dass sie in der Lage war, nach seinem Tod am 8.12.1929 das Geschäft weiterzuführen. Ihr Ehemann wurde auf dem jüdischen Friedhof in Bremen - Hastedt beigesetzt. Nur wenige Monate zuvor war sein Vater Magnus verstorben. Beide Grabsteine sind erhalten geblieben.

In der Broschüre der Kreisleitung der NSDAP von 1935 "auch dich geht es an" wurde zum Boykott ihres Geschäftes aufgerufen. Vermutlich aufgrund zurückgehender Umsätze schloss sie ihr Geschäft zum 19.6.1936. Alle Versuche, im Lebensmittelbereich als Warenvertreterin zu arbeiten, blieben erfolglos bzw. wurden nicht genehmigt. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie sich allem Anschein nach mit dem An- und Verkauf gebrauchter Fahrräder und Nähmaschinen, denn noch am 22.11.1938 erging an sie eine polizeiliche Aufforderung, ein „Trödlerbuch“ zu führen. Am 1.4.1936 zog sie mit ihren Söhnen in die Humboldtstraße 10 ein, einem späteren "Judenhaus".

Am 18.11.1941 wurde Henny Warschauer mit ihren Söhnen Kurt und Walter von Bremen aus in das Ghetto Minsk deportiert. Dort wurden sie ermordet: sofern sie nicht den unmenschlichen Lebensbedingungen im Ghetto erlagen, fielen sie einer der Massenmordaktionen, die Ende Juli 1942 begannen, zum Opfer.

Nach ihrer Deportation wurde ihr Hausstand am 26.1.1942 im Versteigerungslokal Auf den Häfen 66 für 1.031 RM versteigert. Der Erlös ging an das Deutsche Reich.

Ihre Geschwister Max, Emma (verh. Turk), Hermann, Anna (verh. Falk) und Else (Ehemann Albert Bloch, Bremen) wurden Opfer des Holocaust. Ihre Schwestern Bertha und Margarethe sowie der Bruder Albert waren in die USA ausgewandert.


Verfasserin:
Barbara Ebeling (2011)

Informationsquellen:
Staatsarchiv Bremen, Akten 4,54-E10652, 4,54-Ra5122
Staatsarchiv Bremen, "auch dich geht es an" AB-9997-2a
www.genealogy.net (Grabsteine)

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Judenhäuser"
Glossarbeitrag Minsk