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Josef Platzer, *1882

deportiert 1941
ermordet in Minsk


Nordstr./in Höhe von Osterlingerstr. 118
Bremen-Walle
ehemalige Straßenbezeichnung: Nordstr. 207/209


Nordstr./in Höhe von Osterlingerstr. 118 - Weitere Stolpersteine:


Josef Platzer

Josef Platzer

Familienbiografie
Josef Platzer
Bertha Platzer, geb. Platzer

Josef (Meier) Platzer war der Sohn von Markus (Elimelech) Platzer (geb. 1859) und seiner Ehefrau Fanny (Feige) Leitmann (geb. 1861). Er wurde als ältestes Kind der Familie am 19.12.1882 in Rzeszow/Galizien geboren.

Ab 1903 wohnte Josef Platzer in der Düsternstraße 2 in Bremen. 1907 meldete er „Auswanderungsbedarfsartikel, einschl. Schuhwaren und Schuhvertretung“, als Gewerbe an. Später beschränkte er sich auf den Verkauf von Schuhen im eigenen Geschäft.

Bertha Platzer, geb. 3.6.1887 in Vegesack, wurde 1908 seine Ehefrau. Die beiden Töchter des Ehepaares Platzer, Edith Paula und Ilse Amalie, kamen 1909 bzw. 1912 in Bremen zur Welt.

Seit 1912 lebte die Familie in der Nordstraße 207/209 (heute Nordstraße/in Höhe von Osterlinger Straße 118). In der ersten Etage des Hauses bewohnte sie eine komfortabel eingerichtete Fünf-Zimmer-Wohnung, die bis 1931 von einer Hausgehilfin bewirtschaftet wurde. Im Erdgeschoss befand sich das Schuhgeschäft, in dem Bertha Platzer und die beiden Töchter mithalfen. Es gab zwei Schaufenster und einen großen Verkaufsraum mit Schuhen aller Art. Die Familie hatte ein reichliches Auskommen, denn der Umsatz war gut und der Laden bei der Arbeiterschaft im Bremer Westen sehr beliebt.

Im Zuge der Boykottmaßnahmen gegen die Juden verschlechterte sich die Lage der Familie immer mehr. In der Reichspogromnacht am 9./10.11.1938 wurde Josef Platzer verhaftet und am 24.11.1938 aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen wieder entlassen. Als seine Frau Bertha nach einigen Stunden in Polizeigewahrsam in die Nordstraße zurückkehrte, fand sie die Schaufensterscheiben des Geschäftes zerstört und die Ausstellungsware aus den Schaufenstern herausgerissen. Das Warenlager und das Geschäft waren versiegelt. Noch im November 1938 mussten sie ihre Wohnung räumen. Notgedrungen verkauften sie das Inventar, Silber und Schmuckstücke zu Schleuderpreisen. Das Ehepaar kam bei dem Bruder von Bertha, Julius Platzer, unter in Bremen, Wegesende 5. Am 8.12.1938 meldete Josef Platzer sein Gewerbe ab und war nun „Privatmann“.

Josef und Bertha Platzer betrieben ihre Ausreise aus Deutschland, doch schlugen alle Versuche fehl. Ihre Anschrift war ab dem 3.5.1939 das „Judenhaus“ und Gemeindehaus in der Kohlhöker Straße 6. In diesem Haus lebten vierzehn Erwachsene und ein Kind in großer Enge. Es wurde außerdem als jüdisches Gemeinde- und Schulhaus genutzt, nachdem in der Reichspogromnacht die Synagoge zerstört und das Gemeindehaus geplündert worden waren, die sich in der Gartenstraße (heute Kolpingstraße) befunden hatten. Die Gemeindemitglieder wählten 1939 Josef Platzer zum Vorsteher, dem die bittere Aufgabe zufiel, Liquidator der Israelitischen Gemeinde Bremen zu werden.

Josef und Bertha Platzer wurden am 18.11.1941 in das Ghetto Minsk deportiert, wo sie entweder den Entbehrungen erlagen oder einer der Massenmordaktionen zum Opfer fielen, die im Juli 1942 begannen.

Fanny Platzer (siehe Personenregister), die Mutter von Josef Platzer, wurde am 23.7.1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo sie am 21.9.1942 den Entbehrungen erlag. Markus Platzer, sein Vater, war am 21.11.1939 in Bremen gestorben.

Der Tochter Ilse (später verehelichte Houri) war am 24.9.1935 die Auswanderung nach Zypern gelungen, und ihre Schwester Paula Edith (später verwitwete von Perlstein, verehelichte Moses) konnte am 7.11.1938 in die USA emigrieren.

Barbara Ebeling (2019)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E4879, 4,54-E4880, Einwohnermeldekartei
Eckler-von Gleich, Cecilie/Kühne, Rosie: Juden in Walle, Bremen 1990
Markreich, Max: Geschichte der Juden in Bremen und Umgegend, Bremen 2009 (2)

Abbildungsnachweis: Privatbesitz

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Novemberpogrom
Glossarbeitrag Sachsenhausen
Glossarbeitrag Theresienstadt
Glossarbeitrag "Judenhäuser"
Glossarbeitrag Minsk