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Arthur Rosenthal, *1892

deportiert 1941
ermordet in Minsk


Osterdeich 107e
Bremen-Östliche Vorstadt


Osterdeich 107e - Weitere Stolpersteine:


Arthur Rosenthal


Familienbiografie
Albert Rosenthal
Arthur Rosenthal

Nachdem die jetzigen Bewohner des Hauses Osterdeich 107e eingezogen waren, entdeckten sie in einem kleineren Raum in einer nach Osten gerichteten Wand ein notdürftig verkleidetes Fenster. Sie legten dieses frei, sodass das Licht ungehindert in den Raum einfallen konnte. An der Westwand zeigte sich nun ein deutlich erhelltes Oval. Die neuen Bewohnern fragten sich daraufhin, ob dieses Haus früher von Juden bewohnt und dieser Raum der Gebetsraum gewesen sein könnte. Mit feinem Gespür für die Geschichte wandten sie sich mit dieser Frage an die Projektleitung Stolpersteine Bremen. Es stellte sich heraus, dass dieses Haus in jüdischem Besitz war, was zur Verlegung von Stolpersteinen zur Erinnerung an Albert Rosenthal und dessen Sohn Arthur führte.

Jahrelang war die Stadtvilla am Osterdeich 107e familiärer Mittelpunkt für Albert Rosenthal (geb. 1.11.1861 in Bentschen), seine Frau Carolina Rosenthal, geb. Samuel (Jg.1866) und deren Söhne Arthur (geb. 24.4.1892), Herbert (geb. 18.4.1895) und Hermann (geb. 10.11.1904), alle drei geboren in Bremen. Albert Rosenthal lebte seit 1890 in Bremen und schloss hier 1891 die Ehe. Die Stadtvilla lag gegenüber dem Weserstadion. Vater und Söhne waren Mitglieder im „Sportverein Werder Bremen von 1899 e. V.“.

Wegen der „Arisierung“ der Stadtvilla mussten Rosenthals in die Charlottenstraße 28 umziehen, wo die junge Familie bereits von 1899 bis 1917 gewohnt hatte. Dort betrieb Albert Rosenthal ein solides, gut fundiertes Unternehmen, einen „Luxus-Papier-Großhandel und Ansichtskartenverlag“. Alle Söhne waren zeitweise im väterlichen Betrieb tätig.

Hier lebten Rosenthals mit weiteren jüdischen Familien auf engstem Raum, da die Charlottenstraße 28 zum „Judenhaus“ erklärt worden war. Auch dieses Haus gehörte Albert Rosenthal, dem es gelang, dessen „Arisierung“ bis zu seiner Deportation hinauszuzögern. Erst danach fiel dieses Eigentum an das Deutsche Reich, d. h. es wurde eingezogen.

In der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10.11.1938 wurden Albert Rosenthal und seine Söhne verhaftet. Nach Entlassung aus der„Schutzhaft“ wanderten die beiden jüngeren Söhne aus; Hermann emigrierte am 16.5.1938 in die USA und Herbert am 23.4.1940 nach Ecuador. Sie nahmen beide den Namen Reeves an.

Der älteste Sohn Arthur war unverheiratet und blieb in Bremen bei seinen Eltern. Er hatte sein „Einjähriges“ an der Realschule in der Altstadt abgelegt und ging danach für zwei Jahre auf die private Handelsschule Wernicke. Im Ersten Weltkrieg wurde er zum Leutnant befördert und an verantwortlicher Funktion in der „Bahnhofskommandantur Bremen“ eingesetzt; nur wenig später wurde er mit dem „Eisernen Kreuz I. Klasse“ ausgezeichnet. 1919 beteiligte er sich an der Niederschlagung der Räterepublik in Bremen und erlitt dabei einen Beinschuss. Seit 1914 war er aktives Mitglied im SV Werder Bremen. 1919 wurde er als Obmann des „Werbe- und Presserates“ in den Vorstand gewählt. In den 1920er Jahren betätigte er sich als Sportredakteur und Herausgeber eines Fußballergebnis-Eil-Dienstes.

Er lebte zeitweise in Berlin. 1934 kehrte er nach Bremen zurück. Eine Mitarbeit im väterlichen Geschäft wurde ihm von der Gestapo verboten. Von nun an verdiente er seinen Lebensunterhalt als Kellner im jüdischen Restaurant Wolff in der Falkenstraße und gleichzeitig als Treppenhausreiniger in der Firma Bock. Im Zuge der Pogromnacht am 9./10.11.1938 wurde er verhaftet und am Tag darauf in das KZ Sachsenhausen eingewiesen, das er erst am 12.12.1938 wieder verlassen konnte. 1939 und 1940 befand er sich im Arbeitserziehungslager Farge.

Am 18.11.1941 wurde Arthur Rosenthal in das Ghetto Minsk deportiert. Sofern er nicht an Krankheit, Hunger oder Kälte im Winter 1941/42 im Ghetto starb, wurde er Opfer einer der Massenerschießungen, die im Sommer 1942 begannen.

Nach der Deportation des Sohnes Arthur zog das Ehepaar Albert und Carolina Rosenthal in das Jüdische Altersheim in Gröpelingen um. Von dort wurde es am 23.7.1942 mit dem Transport Nr. VIII/2 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Albert Rosenthal erlag hier am 21.11.1942 mit 81 Jahren den Folgen der schweren Entbehrungen während des Transportes und der Haft im Ghetto. Die offizielle Todesfallanzeige nennt als Todesursache „Marasmus senilis – Altersschwäche“.

Carolina Rosenthal gehörte zu den wenigen Überlebenden des Transportes Nr. VIII/2 und kehrte nach der Befreiung des Ghettos Theresienstadt am 3.8.1945 nach Bremen zurück. Hier starb sie am 2.11.1956 im Jüdischen Altersheim in der Gröpelinger Heerstraße 167.

Ingrid Stridde (2016)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E11155, 4,54-E 11156, 4,54-E 4463, 4,54-E 4464, 4,54-E802, Einwohnermeldekartei, www.holocaust.cz (Todesfallanzeige)

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Theresienstadt
Glossarbeitrag Minsk