Brandel Finkelstein, geb. Brzezinski, *1901
ausgewiesen 1938 nach Polen
Ghetto Lodz ermordet April 1943
Sögestr. 25
Bremen-Mitte
Sögestr. 25 - Weitere Stolpersteine:
Brandel Finkelstein
Familienbiografie
David Finkelstein
Brandel Finkelstein, geb. Brzezinski
Das Ehepaar Finkelstein war seit 1919 in Bremen ansässig. Beide stammten aus Polen und behielten ihre polnische Staatsangehörigkeit bei. Sie sahen keine Notwendigkeit, sich um den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit zu bemühen.
Joseph (Schreibweise auch Josef) David Finkelstein wurde am 13.1.1899 in Pabjanice / Polen und Brandel Finkelstein, geb. Brzezinski, am 5.4.1901 in Laskin/Polen geboren. Verheiratet waren sie seit 1920, die einzige Tochter Sophie (Schreibweise auch Sofie) erblickte am 14.12.1922 das Licht der Welt.
Der Schneidermeister Joseph David Finkelstein lebte mit seiner Familie zunächst in der Wissmannstraße. In der Wohnung befand sich auch die Werkstatt, seine Gewerbeanmeldung datiert auf den 24.3.1923. Die Familie zog 1933 in die Sögestraße 25 um, auch hier lagen Wohnung und Atelier der Maßschneiderei zusammen.
Am 28.10.1938 wurden die Finkelsteins im Zuge der sog. Polenaktion nach Polen ausgewiesen. Sie gingen nach Pabjanice, der Heimatstadt von Joseph David Finkelstein, wo sie ab 1940 im Ghetto leben mussten. Noch im selben Jahr wurden sie in das Ghetto Lodz deportiert. Hier erlag Brandel Finkelstein den Entbehrungen, sie starb im April 1943. Im Ghetto Lodz lernte Sophie Finkelstein ihren späteren Ehemann Szama Furman kennen, geb. 21.4.1914 in Bodzentin/Polen. Auch er war Schneider. Er überlebte eine Lagerodyssee, die ihn vom Ghetto Lodz in die Konzentrationslager Auschwitz und Dachau führte.
Nach der Auflösung des Ghettos Lodz im August 1944 wurden Joseph David Finkelstein und seine Tochter Sophie zusammen mit mehr als 150.000 Juden in das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz überstellt. Bei der Ankunft wurden sie getrennt. Seitdem hat Sophie Finkelstein nichts mehr von ihrem Vater gehört.
Von Auschwitz ist David Finkelstein in das KZ Groß-Rosen überstellt worden. Es ist eine Häftlingskarte mit seinem Namen und der Häftlingsnummer 27072 erhalten geblieben. Ein weiterer Eintrag belegt, dass er am 22.11.1944 im Kommando Wolfsberg eingesetzt war. Das Kommando Wolfsberg war das größte Lager des Außenlagers „Riese“ des KZ Groß-Rosen. Im November 1944 waren hier ca. 3.000 Häftlinge untergebracht. Sie mussten den Bau von Stollen für den Bau eines (vermutlich) neuen Führerhauptquartiers vorantreiben sowie Transport- und Bauarbeiten verrichten. Viele der Häftlinge waren lediglich in Zelten untergebracht. Im Februar 1945 wurde das Lager geräumt. Der Internationale Suchdienst (ITS) Bad Arolsen hat den 26.4.1945 als Todestag von David Finkelstein verzeichnet.
Sophie Finkelstein wurde von Auschwitz weiter in das KZ Bergen-Belsen deportiert und erlebte im Lager Salzwedel ihre Befreiung. Sie kehrte nach Bremen zurück und heiratete am 14.12.1945 – ihrem Geburtstag – in Bremen Szama Furman. Als sie im Ghetto Lodz getrennt wurden, hatten sie sich versprochen, sich in Bremen zu treffen, sollten sie überleben. Szama (später Sidney) Furman fand Sophie tatsächlich in Bremen wieder. Im Juli 1946 wanderten sie in die USA aus und bekamen zwei Kinder. Beide waren durch die Shoah ihrer Eltern beraubt, Szama Furman beklagte außerdem den Verlust aller acht Geschwister. Beide litten lebenslang unter den Folgen des Verlustes von Familie und Existenz.
Barbara Johr (2015)
StA Bremen 4,54-E3680, 4,54-E-4871, 4,54-E10878, 4,54-E10879, Einwohnermeldekartei
Archiwum Muzeum Gross-Rosen (MGR-A Sign. 108/9/MF)
www.riese.krzyzowa.org.pl
Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Polenaktion"
Glossarbeitrag Auschwitz