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Samuel Weintraub, *1889

deportiert 1942 Theresienstadt
1943 Auschwitz ermordet


Geeren 26
Bremen-Mitte

Verlegedatum: 07.06.2012

Samuel Weintraub

Samuel Weintraub

„...und bin bis jetzt meinen Verpflichtungen strengstens nachgekommen“, schrieb der taubstumme Samuel Weintraub 1938 an den Senat. Er bat um eine Verlängerung sei­ner Gewerbeerlaubnis, um sich und seine damals 82jährige Mutter weiter versorgen zu können.

Er kam vermutlich bereits um 1897 mit seiner Mutter Henni Rebecca Weintraub, geb. Wirza (geb. 1856 in Dzialoszyn/Region Lodz) nach Bremen. In diesem Jahr taucht sie erstmals als „Witwe Moses Weintraub“ im Adressbuch auf. Samuel Weintraub war am 10.10.1889 in Krakau geboren worden. Wie seine Mutter war er polnischer Staatsange­höriger und jüdischen Glaubens. Er trat 1928 aus der Israelitischen Gemeinde Bremen aus. Zwischen 1897 und 1904 muss seine Mutter ihn nach Berlin geschickt haben; Grün­de dafür lassen sich nicht erschließen.

Sein erlernter Beruf war Holzbildhauer. Ab 1922 übernahm er jedoch das Gewerbe seiner Mutter, Handel mit Knochen, Lumpen, Fellen, alten Metallen und Säcken. Zeitweise arbeitete er auch als Sackgroßhändler und hatte zwischen 1930 und 1931 zusätzlich einen Handel mit Spargel angemeldet. Ab Herbst 1938 wurde er seiner Existenzmöglichkeiten beraubt. Infolge der Polenaktion im Okto­ber 1938, von der er verschont blieb, erklärte ihn das Ausländeramt ab Januar 1939 für staatenlos.

Am 13.9.1938 wandte er sich schriftlich an den Senat: „Wie mir gesagt wurde, müssen alle jüdischen Gewerbetreibenden, die im Besitze eines Gewerbeerlaubnisses sind, zum 30. Sept. d. Mts. ihren Betrieb einstellen. Da ich aber taubstumm bin und als einziger Mensch meine 82jährige Mutter zu ernähren habe, richte ich an den hohen Senat das Gesuch um Bewilligung der Verlängerung der polizeilichen Gewerbebescheinigung. Ich bin Sackaufkäufer und bin bis jetzt meinen Verpflichtungen strengstens nachgekom­men. Bitte um eine gütige Antwort. Gehorsamst , S. Weintraub, Bremen, Geeren 26“. Am 15.9. erhielt er von der Inneren Verwaltung bereits Antwort: „Betr.: Erteilung einer neuen Reiselegitimationskarte. Ihr oben genanntes Gesuch vom 13.9.1938 muss ab­gelehnt werden. ...“

Im September 1941 wurden er und seine Mutter in das Jüdische Altersheim Gröpelinger Heerstraße 167 eingewiesen. Dort verstarb Rebecca Weintraub am 30.1.1942. Samuel Weintraub wurde am 23.7.1942 mit 164 weiteren Personen aus Bremen nach Theresienstadt deportiert. Am 6.9.1943 wurde er in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und zunächst im „Theresienstädter Familienlager“ unter­gebracht.

In der Nacht vom 8. zum 9.3.1944 wurden alle Insassen der Transporte vom September 1943 in den Gaskammern ermordet.

Peter Christoffersen (2015)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E4041, Einwohnermeldekartei
Benz: Theresienstadt. Eine Geschichte von Täuschung und Vernichtung, München 2013

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Theresienstadt
Glossarbeitrag Auschwitz