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Moritz Rotschild, *1886

Flucht 1933 nach Holland , interniert Westerbork, deportiert 1943
Ermordet in Sobibor


Schierker Straße 15
Bremen-Östliche Vorstadt

Verlegedatum: 29.05.2013


Schierker Straße 15 - Weitere Stolpersteine:


Moritz Rotschild

Moritz Rotschild

Familienbiografie
Moritz Rotschild
Recha Rotschild, geb. Emrich
Oskar Rotschild
Hella van Coevorden, geb. Rotschild

Moses (genannt: Moritz) Rotschild, geb. 26.7.1886 in Oldenburg, war der Sohn von Andreas Rothschild (geb. 1856 in Winschoten, gest. 1934 in Bremen) und seiner Ehefrau Jentje (gen. Henriette), geb. van der Rhoer (geb. 1860 in Ham/NL, gest. 1942 in Bremen). Er war das zweite von fünf Kindern des Ehepaares. Er schloss am 11.4.1916 mit Recha Emrich (geb. 18.1.1892 in Weikersheim, Eltern: Emanuel Emrich und Ehefrau Lina, geb. Levite) in Bremen die Ehe. Sie hatten zwei Kinder, die beide in Hemelingen geboren wurden: Oskar (geb. 22.9.1917) und Hella (geb. 2.9.1918).

Moritz Rotschild wird zwischen 1911 und 1914 im Adressbuch mit einem Partiewarengeschäft in der Großen Johannisstraße 112 erwähnt. 1915/1916 zog er mit seinem Geschäft in das Haus Vor dem Steintor 155 um, wo seine Eltern zwischenzeitlich wohnten. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs (1914-1918) gab er das Geschäft auf, vermutlich weil er zum Kriegsdienst eingezogen wurde. Seine Schwester Selma (später verheiratete Beverstein) betrieb ab 1917 in den Räumen ein Putzwarengeschäft (siehe Biografie Selma Beverstein). Nach Kriegsende kehrte Moritz Rotschild 1918 nach Bremen zurück und wurde in der Einwohnermeldekarte mit dem Eintrag Handlungsgehilfe geführt. Am 18.2.1931 machte er sich mit einem Bijouterie-, Galanterie- und Lederwarengeschäft im Haus Vor dem Steintor 136 erneut selbständig und unterhielt ab 1933 zusätzlich noch eine Warenvertretung. Ab April 1931 lebte die Familie in der Schierker Straße 15. Am 16.11.1933 emigrierte das Ehepaar mit Sohn Oskar in die Niederlande, zunächst nach Amsterdam. Zuletzt wohnten sie in Groningen in der Amalia van Somstraat 9.

Oskar Rotschild, geb. 22.9.1917 in Hemelingen, wechselte Ostern 1928 von der Schule Hemelinger Straße auf das Realgymnasium zu Bremen, das er bis zum 1.11.1933 besuchte und wegen der Emigration verlassen musste. In Groningen bestritt er seinen Lebensunterhalt als „Handelsagent“. Anfang Oktober 1942 wurde er verhaftet, im Sammellager Westerbork interniert und am 16.10.1942 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Hier wurde er nach seiner Ankunft für den Zwangsarbeitseinsatz selektiert; zuletzt befand er sich offenbar in einem der Außenlager des KZ Groß Rosen. Nach dessen Auflösung Anfang Februar 1945 erreichte er nach einem Todesmarsch das KZ Buchenwald. Dort war er ab dem 10.2.1945 interniert und erlebte am 11.4.1945 die Befreiung. Er gelangte zwar noch zurück in die Niederlande und fand Aufnahme in einem Lazarett in Eindhoven, doch dort verstarb er am 31.5.1945 an den Folgen der erlittenen Strapazen.

Seine Schwester Hella Rotschild, geb. 2.9.1918 in Hemelingen, verließ Bremen bereits am 6.10.1933 mit dem Ziel Büren, um weiter nach Amsterdam zu fahren. Später wohnte auch sie bei ihren Eltern in Groningen. Sie bestritt ihren Lebensunterhalt als Näherin. In den Niederlanden heiratete sie den Vertreter Philip van Coevorden (geb. 14.2.1915 in Amsterdam), der gleichfalls in Groningen lebte. Am 3./5.10.1942 wurde das Ehepaar van Coevorden verhaftet und im Sammellager Westerbork interniert. Beide wurden am 16.10.1942 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Hella wurde dort am 19.10.1942 ermordet. Ihr Ehemann wurde für den Zwangsarbeitseinsatz selektiert und in einem bisher nicht bekannten Lager ermordet. Sein Todestag wurde von den niederländischen Behörden nach dem Krieg auf den 31.3.1944 festgesetzt.

Am 13.4.1943 wurden Moritz Rotschild und seine Ehefrau Recha aus dem Sammellager Westerbork in das Vernichtungslager Sobibor deportiert und dort am 16.4.1943 ermordet. Moritz Rotschilds Schwestern Selma Beverstein, Rosa Wolf mit Ehemann und Mathilde ter Berg mit Ehemann und Tochter wurden am 18.11.1941 von Bremen aus in das Ghetto Minsk deportiert. Sofern sie nicht den Entbehrungen im Ghetto erlagen, wurden sie Opfer einer der Massenerschießungen ab Juli 1942. Die Schwester Hedwig Lohmann kam – zunächst von einer Deportation verschont, weil nichtjüdisch verheiratet – noch im Februar 1945 in das Ghetto Theresienstadt und erlebte dort die Befreiung. Sie kehrte im Sommer 1945 nach Bremen zurück.

An seine Schwester Rosa und ihren Schwager Richard Wolf erinnern Stolpersteine in der Nordstraße/in Höhe der Haltestelle Grenzstraße. Für seine Schwester Mathilde ter Berg, deren Ehemann Elias und deren Tochter Jenny wurden Stolpersteine in der Arndtstraße 2 verlegt.

Peter Christoffersen (2016)

Informationsquellen:
StA Bremen Einwohnermeldekarten, 4,39/3-299 www.joodsmonument.nl

Abbildungsnachweis: Privatbesitz

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Auswanderung
Glossarbeitrag Westerbork