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Jean Gros, *1866

„SCHUTZHAFT“ 1938 SACHSENHAUSEN , DEPORTIERT 1942 THERESIENSTADT
TOT 26.2.1943


Großenstraße 2
Bremen-Mitte

Verlegedatum: 03.03.2014

Jean Gros

Jean Gros

Jean Gros stammte aus Iaşi (dt. Jassy), einer Universitätsstadt in der Region Moldau und früher Siedlungsschwerpunkt rumänischer Juden. Dort wurde er am 8.12.1866 als Sohn von Heinrich und Rifka Gros, geb. Gros, geboren. Er kam 1918 von Holzminden nach Bremen, war ledig und konfessionslos.

Wie für Ausländer vorgeschrieben, meldete er 1919 in Bremen seine Berufsausübung als Naturheilkundiger in der Molkenstraße an. Zuletzt ist er 1938 im Bremer Adressbuch als Heilpraktiker in der Großenstraße 2 aufgeführt. Ein Vermerk auf seiner Einwohnermeldekartei weist darauf hin, dass er in Deutschland nicht als Arzt approbiert war: „Doktor - nicht Arzt - Titel untersagt“. Das schließt nicht aus, dass er in Rumänien ein Medizin­studium absolviert hatte. Indiz dafür könnte ein handschriftlicher Nachtrag auf seiner Todesfallanzeige aus dem Ghetto Theresienstadt sein, da seinem Namen dort ein „Dr. med.“ hinzugefügt worden ist.
Aus den Spitzelberichten der Polizei in Bremen geht hervor, dass Jean Gros politisch en­gagiert war. Ab 1919 erteilte er Unterricht für Mitglieder des Arbeitersamariterbundes und in den dreißiger Jahren hielt er Vorträge für Mitglieder von Verbänden, die der KPD angeschlossen waren. Ob er selbst Mitglied einer Partei war, ist nicht bekannt.

Im Zuge der Pogromnacht wurde er am 9./10.11.1938 verhaftet und tags darauf in das Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert. Sein Entlassungsdatum ist nicht be­kannt. Der weitere Verlauf seiner Verfolgung ist auf der Einwohnermeldekartei ab dem 8.2.1939 abzulesen: sein Eintrag konfessionslos wurde durchgestrichen und „Jude !“ ein­gefügt („4 Großelternteile Jude!“), der Eintrag seiner rumänischen Staatsangehörigkeit wurde in „Stl.“ (staatenlos) abgeändert, und am 15.2.1939 musste er seine Praxis schlie­ßen. Persönlich scheint er auch später keine Verbindung zum jüdischen Glauben be­kommen zu haben, noch in der Todesfallanzeige aus Theresienstadt ist seine Konfession von „mos“ (mosaisch) auf „konfessionslos“ abgeändert worden.

Am 20.7.1940 musste er seine Wohnung in der Großenstraße verlassen und in das „Ju­denhaus“ Wiesenstraße 2 einziehen, am 10.4.1942 wurde er in das Jüdischen Altersheim Gröpelinger Heerstraße 167 eingewiesen. Dieses wurde am 23.7.1942 von den Behör­den geräumt und alle Bewohner nach Theresienstadt deportiert, unter ihnen auch Jean Gros. Dort verstarb er am 26.2.1943 angeblich an einer Lungenentzündung.

Peter Christoffersen (2015)

Informationsquellen:
StA Bremen Einwohnermeldekartei
www.holocaust.cz (Todesfallanzeige)
Niemann, Charlotte/Leibfried, Stephan: Die Verfolgung jüdischer und sozialistischer Ärzte in Bremen in der „NS“-Zeit, Bremen 1988 (S. 34)

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Rassengesetzgebung
Glossarbeitrag Theresienstadt