Else Weinberg, geb. Wolff, *1895
Eingewiesen 25.8.1943 Bremer Nervenklinik, "verlegt" 9.12.1943 Heilanstalt Meseritz
Ermordet 12.12.1943
Hinter dem Schütting 8
Bremen-Mitte
ehemalige Straßenbezeichnung: Stintbrücke 5
Verlegedatum: 30.09.2014
Else Weinberg
Else Wolff wurde am 26.5.1895 in Lauingen geboren und hatte 1921 mit 26 Jahren den Elektromonteur Gerhard Weinberg geheiratet. Die Tochter Juliane wurde 1924, der Sohn Horst-Günther drei Jahre später geboren. Die junge Familie lebte zuerst in Gröpelingen, später in Walle und konnte 1938 eine Dienstwohnung in der Innenstadt beziehen. Im Hause des Senators für Wirtschaft, Stintbrücke 5, hatte Gerhard Weinberg die Stelle des Hausmeisters für das große Gebäude bekommen.
Mit 34 Jahren war Else Weinberg an Multipler Sklerose erkrankt. Diese fortschreitende Erkrankung, für die es zu damaliger Zeit noch keine Therapie gab, hatte bei ihr infolge der Lähmung beider Beine schließlich zur Bettlägerigkeit geführt. Auch ihre Sprachartikulation war schon beeinträchtigt, als sie am 25.8.1943, begleitet vom Ehemann und dem sechzehnjährigen Sohn, in der Bremer Nervenklinik aufgenommen wurde. „Da die häuslichen Verhältnisse für ihren weiteren Verbleib ungeeignet sind“, so steht es in der Einweisung, erhofften sich die Patientin und ihre Familie wohl eine ihrem Zustand angemessene Pflege und Betreuung in der Klinik. Dieser Wunsch blieb offensichtlich unerfüllt, denn die Patientin äußerte mehrmals ihre Unzufriedenheit über die in ihren Augen unzureichende Pflege und beklagte das schlechte Essen.
Ende November 1943 wurde die Bremer Nervenklinik durch Bombardierung erheblich beschädigt. Nicht arbeitsfähige und pflegebedürftige Patienten (mehr als dreihundert) wurden in einem Sonderzug (Dritte-Klasse-Wagen der Reichsbahn, z. T. ohne Heizung) am 9.12.1943 in einer achtzehnstündigen Fahrt von Bremen in die „Heil- und Pflegeanstalt“ Meseritz-Obrawalde transportiert. Die Anstalt Meseritz-Obrawalde, 60 km östlich von Frankfurt/Oder gelegen, war seit den 1940er Jahren eine Tötungsanstalt für kranke, behinderte und alte Menschen aus ganz Deutschland. Sie wurden durch ausbleibende Pflege, Nahrungsentzug, vor allem aber mit Spritzen umgebracht. 266 Patienten aus dem Bremer Transport überlebten den Aufenthalt dort nicht.
Auch Else Weinberg zählt zu ihnen. Zwei Tage nach Ankunft in Meseritz-Obrawalde, am 12. Dezember 1943, war sie tot. „Altersschwäche“ wurde als pro-forma-Todesursache eingetragen. Sie wurde 48 Jahre alt.
Wolfgang Smitmans (2014)
Informationsquellen:
Archiv Klinikum Bremen-Ost, Kranken-Geschichte
Else Weinberg ; Engelbracht, Gerda: Der tödliche Schatten der Psychiatrie, Bremen 1997;
Klee, Ernst: „Euthanasie“ im Dritten Reich, Frankfurt a. M. 2010
Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Euthanasie" / Zwangssterilisation
Glossarbeitrag "Heilanstalten"