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Elfriede Rossbach, geb. Eppenstein, *1912


DEPORTIERT 1941, GHETTO MINSK, ERMORDET


Fliederstr. 41b
Bremen-Hemelingen

Verlegedatum: 22.10.2024


Fliederstr. 41b - Weitere Stolpersteine:


Elfriede Rossbach


Familienbiografie
Edgar Roßbach
Elfriede Roßbach, geb. Eppenstein

Edgar Roßbach wurde 26.10.1907 in Harpstedt als Sohn von Iwan Roßbach (geb. 1871 in Harpstedt) und seiner Ehefrau Henny, geb. Jordan (geb. 1875 in Paderborn) geboren.

Die jüdische Familie Roßbach war seit etwa 1870 in Harpstedt ansässig. Seine Großeltern Abraham Roßbach (1843 -1917) und Riekchen, geb. Meyer (1841 - 1910) führten in Harpstedt ein Manufakturwarengeschäft. Nach dem Tode von Abraham Roßbach übernahm sein Sohn Iwan 1917 das Geschäft. Es wurden hauptsächlich Bettwäsche, Inletts, Bettfedern und Stoffe geführt. Zeitweise wurde auch eine Bettfedernreinigung betrieben.

Das Ehepaar Iwan und Henny Roßbach hatte zwei Söhne: Herbert und Edgar. Angesichts der vorhandenen Konkurrenzbetriebe bereiste Roßbach mit ihnen auch auswärtige Kundschaft, insbesondere im Raum Syke und Ristedt. Das Geschäft bot eine auskömmliche Existenz und konnte bis 1935 zusammen mit den Söhnen betrieben werden. Ab der Zeit des Boykotts durch die Nationalsozialisten wurden viele Verkäufe heimlich abgewickelt. Durch einen Verkehrsunfall wurde Iwan Roßbach schwer verletzt und verstarb an dessen Folgen im März 1937. Die Witwe Henny Roßbach löste das Geschäft auf, verkaufte das Grundstück Lange Straße 3 und kaufte sich von dem Erlös in ein Altersheim in Leipzig ein.

Die beiden Söhne hatten vor auszuwandern, was dem Bruder Herbert auch gelang (Kolumbien, später Israel). Edgar zog 1937 nach Syke. In der Novemberpogromnacht 1938 wurden die in Syke lebenden jüdischen Männer verhaftet und zunächst in die örtliche Turnhalle gebracht. Anschließend folgte die Einlieferung in das Amtsgerichtsgefängnis in Bassum. Über Hannover wurden sie am 11.11. in das KZ Buchenwald eingeliefert. Edgar Roßbach wurde erst am 12.4.1939 wieder entlassen. Als Entlassungsadresse gab er das Altersheim in Leipzig an, in dem seine Mutter lebte.

Am 27.9.1939 meldete er sich als Bauarbeiter in Bremen in der Westerstraße 28 an. Er bezog die Wohnung, die zuvor Herbert Sprei gemietet hatte. Dieser war in die Fliederstraße 41b zu Meta Eppenstein gezogen, der zukünftigen Schwiegermutter von Edgar Roßbach. Am 13.12.1940 fand die Eheschließung mit Elfriede Eppenstein statt und am Tag zuvor verzeichnet die Einwohnermeldekartei auch seinen Einzug in die Fliederstraße 41b.

Elfriede Roßbach, geboren am 10.5.1912 in Artern (Thüringen) war die Tochter von Max Eppenstein (geb. 1877 in Königsberg/Nm.) und seiner Ehefrau Meta (gen. Gertrud) Eppenstein, geb. Seemann (geb. 1881 in Niedersachswerfen). Beide waren jüdischen Glaubens. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor: Manfred (geb. 1910 in Halberstadt), Wolfgang (geb. 1914 in Twistringen), Marga (geb. 1916 in Twistringen) sowie Elfriede. Zwei Jahre nach ihrer Geburt zog die Familie nach Twistringen um. Ihr Vater war selbständiger Vertreter (Reisender). Womit er handelte ist nicht bekannt.

1924 siedelte die Familie von Twistringen nach Bremen über und wohnte in der Kölner Straße 89 (heute Überseestadt). Das Ehepaar lebte seit 1929 getrennt und ließ sich 1934 scheiden. Meta Eppenstein blieb mit ihren Kindern bis 1939 in der Kölner Straße wohnen. Am 9.8.1939 erfolgte die zwangsweise Umquartierung in die Fliederstraße 41b.

Über das Leben von Elfriede Roßbach ist kaum etwas bekannt. Lediglich einem Schreiben ihres Bruders Wolfgang ist zu entnehmen, dass sie Putzmacherin war.

Wenige Tage vor ihrer Deportation schrieb Meta Eppenstein am 16.11.1941 über das Rote Kreuz eine Karte an ihre Kinder Marga und Wolfgang, die nach Palästina ausgewandert waren: „Alle gesund; Manfred, Elfriede, Edgar reisen zusammen. Neue Adresse folgt. Wo ist Marga? Bei Euch, lb. Wolfgang und Ilse? Grüße und Küsse – Mama, Manfred, Elfriede, Edgar.“

Edgar und Elfriede Roßbach sowie Meta Eppenstein und ihr jüngster Sohn Manfred wurden am 18.11.1941 von Bremen aus in das Ghetto Minsk deportiert. Dort wurden sie ermordet: sofern sie nicht den unmenschlichen Lebensbedingungen im Ghetto erlagen, fielen sie einer der Massenmordaktionen, die Ende Juli 1942 begannen, zum Opfer.

Henny Roßbach, Edgars Mutter, wurde am 20.9.1942 aus Leipzig nach Theresienstadt deportiert. Dort erlag sie den Entbehrungen und verstarb am 4.3.1943. Die Grabsteine seiner Großeltern und seines Vaters sind auf dem jüdischen Friedhof bei Harpstedt erhalten geblieben. Elfriedes Vater Max befand sich auch im Transport in das Ghetto Minsk und wurde dort zu einem nicht bekannten Zeitpunkt ermordet.

Peter Christoffersen (2024)

Informationsquellen:
Staatsarchiv Bremen, Akten 4,54-E10439, 4,54-E 9924, 4,54-E11233, 4,54-E 11285, Einwohnermeldekartei
Dirk Heile, Chronik der Samtgemeinde Harpstedt, Band 2 von 1667 bis 1950, Harpstedt 1966
Harald Focke, Hermann Greve, Hilmar Kurth, Als die Synagogen brannten, Sulingen 1988
www.holocaust.cz (Todesfallanzeige)
www.alemannia-judaica.de/harpstedt_friedhof.htm

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Minsk