Julius Grün, *1908
deportiert 1941
ermordet in Minsk
Daniel-von-Büren-Str. 54
Bremen-Mitte
ehemalige Straßenbezeichnung: Kaufmannsmühlenkamp 5
Daniel-von-Büren-Str. 54 - Weitere Stolpersteine:
- August Deichmann
- Fredy Deichmann
- Minna Deichmann
- Charlotte Flamm
- Hanni Flamm
- Netti Flamm
- Rifka-Laja Flamm
- Herbert Gärtner
- Jenny Gärtner
- Max Gärtner
- Otto Gärtner
- Thea Gärtner
- Inge Grün
- Netti Grün
- Hersch Oliver (Oliwer)
- Margin Oliver (Oliwer)
Julius Grün
Familienbiografie
Julius Grün
Netti Grün, geb. Hochstädt
Inge Grün
Julius Grün wurde am 19.11.1908 in Romanestie im Südosten der Bukowina geboren. Sein Geburtsort lag damals im Kaiserreich Österreich und fiel nach dem Ersten Weltkrieg an Rumänien. Seit 1914 lebten seine aus dem österreichischen Teil Galiziens stammenden Eltern Moses Grün (1882-1935) und Chaja Grün, geb. Jäger (1874-1939), mit ihren Kindern Julius und Berta in Bremen.
Julius Grün beendete 1925 die Schule mit der Mittleren Reife und schloss daran eine kaufmännische Lehre im Kaufhaus Bamberger an. Seit 1929 war er dort als kaufmännischer Angestellter beschäftigt, bis das Kaufhaus letztlich in Folge von Boykottmaßnahmen verstärkt in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet. Seit 1933 war er im Textilhaus Hersch Oliwer angestellt.
Am 8.4.1931 erwarb Julius Grün die deutsche Staatsangehörigkeit und beantragte im Oktober 1931 „die Einreiseerlaubnis für Frl. Netty Hochstädt aus Rumänien zum Zwecke der Eheschließung“. Seine Braut hatte er – nach Angaben ihres Bruders – im Kaufhaus Bamberger kennengelernt; sie hatte sich demnach schon früher in Bremen aufgehalten. Die Polizeidirektion Bremen erteilte die Einreiseerlaubnis nach wenigen Tagen. Julius Grün und Netti Hochstädt heirateten am 24.11.1931.
Netti Grün war am 22.6.1905 als Tochter von Pesach Hochstädt und seiner Frau Anna, geb. Buchbinder, in Czernowitz geboren worden, wo die Eltern mit dem 1902 geborenen Bruder Friedrich in der Uhrmachergasse 4 wohnten. Die Stadt liegt im nördlichen Teil der Bukowina, der bis 1920 zu Österreich gehörte, dann an Rumänien fiel und heute in der Ukraine liegt. In Czernowitz existierte bis zum Zweiten Weltkrieg eine vielsprachige multikulturelle Gesellschaft, aus der auch bedeutende jüdische Autoren deutscher Sprache wie die Lyriker Paul Celan und Rose Ausländer hervorgegangen sind.
Nach der Heirat zogen Julius und Netti in die Düsternstraße 7 in der Doventorsvorstadt. Am 2.11.1933 wurde in Bremen ihre Tochter Inge Beate geboren.
Julius Grüns Eltern starben im Jüdischen Altersheim der Israelitischen Gemeinde Bremen, der Vater 1935, die Mutter 1939. Auch seine Schwester Berta starb noch vor dem Zweiten Weltkrieg.
Anfang 1939 besuchte Netti Grün mit ihrer Tochter Inge in Czernowitz ihre Mutter und ihren Bruder Friedrich, der Rechtsanwalt geworden war. Er konnte sich später noch daran erinnern, dass seine Schwester Inhaberin „eines reichsdeutschen Passes mit Hakenkreuz“ gewesen sei.
Zuletzt waren Julius, Netti und Inge Grün vom 28.7.1938 bis zum 17.11.1941 im „Judenhaus“ Kaufmannsmühlenkamp 5 (heute Daniel-von-Büren-Straße 54) gemeldet.
Am 18.11.1941 wurden Julius, Netti und Inge Grün von Bremen aus in das Ghetto Minsk deportiert. Dort wurden sie ermordet: sofern sie nicht den unmenschlichen Lebensbedingungen im Ghetto erlagen, fielen sie einer der Massenmordaktionen zum Opfer, die Ende Juli 1942 begannen.
Nettis Bruder Friedrich Hochstädt hat seit 1951 mit seiner Frau und einem 1933 geborenen Kind in Kirjath Schalom (Israel) gelebt und dort als Buchhalter gearbeitet.
Unter dem Eindruck der Verlegung der Stolpersteine für Netti, Julius und Inge Grün schrieb der gebürtige Ire Paul Lindsay sein Lied “A Song for Nettie Green“, das der neuseeländische Regisseur Alasdaire Jardine filmisch umgesetzt hat. Das Video “Nettie Green“ befindet sich auf YouTube. Der Song ist unter Downloads auf dieser Website zu finden.
Michael Cochu (2015)
Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E12030, 4,54-E11834, 4,54-E12029, Einwohnermeldekartei
Rohdenburg, Günther: „Das war das neue Leben“. Leben und Wirken des jüdischen Kaufhausbesitzers Julius Bamberger und seiner Familie, Bremen 1999
Yad Vashem: Central Database of Shoah Victims’
Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Judenhäuser"
Glossarbeitrag Minsk