Sie befinden sich hier | Kapitelüberschrift  Stolpersteine Biografie
Schriftgroesse verkleinern Schriftgroesse normal Schriftgroesse vergrössern
Diese Seite ausdrucken

Moses Treff, *1874

ausgewiesen 1938 nach Polen
Schicksal unbekannt


Sebaldsbrücker Heerstr. 55
Bremen-Hemelingen


Sebaldsbrücker Heerstr. 55 - Weitere Stolpersteine:


Moses Treff


Familienbiografie
Moses Treff
Feige Treff, geb. Pasternak
Ida Treff
Cypre Treff

Moses Treff ist am 28.12.1874 in Dukla (Galizien/Polen) als Sohn von Joel und Rywy Treff, geb. Nadel, geboren worden. Er war mit Feige Mindel (gen. Minna) Pasternak verheiratet. Sie stammte aus Korczyna (Galizien/Polen) und war dort am 24.4.1881 als Tochter on Hirsch und Malka Pasternak, geb. Schänker, geboren worden. Die beiden heirateten am 26.10.1900 in Dukla und hatten vier Töchter: Ides (gen. Ida; geb. 24.11.1901 in Korczyna), Reisel Blime (gen. Rosa; geb. 1903), Cypre (gen. Rena/Regina; geb. 3.7.1906 in Dolnia/Niederschlesien) und Cecylia (gen. Cilly; geb. 1913 in Bremen). Die Familie besaß die polnische Staatsangehörigkeit.

Moses Treff war Kaufmann und 1912 mit seiner Familie von Nordenham nach Bremen in die Sebaldsbrücker Heerstraße 55 gezogen. Er meldete hier im selben Jahr einen Handel mit Kurz-, Galanterie- und Weißwaren an. Ab 1919 erweiterte er sein Geschäft um den Handel mit Produkten, Säcken etc. .

Familie Treff lebte in der Sebaldsbrücker Heerstraße 55, einer Ansammlung von mehreren Gebäuden: Wohnhäuser, Schuppen und Ställe. Darin befanden sich eine Schuhreparaturwerkstatt, eine Tabak- u. Zigarrenfabrik und eine Gastwirtschaft. In einem der Wohnhäuser hatten Sebaldsbrücker Ostjuden ein Bethaus eingerichtet. Es wurde von der hier gegründeten ostjüdischen Gemeinde „Beth Hamidrasch Schomre Schabbos“ (Haus der Schabbath-Hüter) geführt.

Bereits 1919 erkrankte Feige Treff an Schizophrenie und wurde dauerhaft in die Bremer Nervenklinik eingewiesen. Dasselbe Schicksal traf ihre Tochter Rosa, die 1924 in die Klinik eingewiesen wurde und dort am 27.8.1925 verstarb. Sie wurde auf dem jüdischen Friedhof in Hastedt beigesetzt. Ihre Mutter wurde am 23.9.1938 „mit zwei Begleitpersonen“ in eine polnische Anstalt „transportiert“. Die Zentral-Stelle Ausländer des Fürsorgeamtes hatte bereits 1936 ein ärztliches Gutachten von der Klinik erbeten, da „nach den zwischenstaatlichen Vereinbarungen mit Polen die Möglichkeit gegeben [sei], sie nach ihrem Heimatstaat heimzuschaffen“. Ihr Verbleib und Schicksal sind nicht bekannt. Es kann davon ausgegangen werden, dass sie Opfer einer der systematischen Krankenmorde im besetzten Polen wurde.

Auch die Tochter Ides erkrankte an Schizophrenie und befand sich von August 1929 bis April 1930 und dann wieder vom 12.2.1936 - 21.9.1940 in der Bremer Nervenklinik. Sie wurde Opfer der nationalsozialistischen „Euthanasie“-Mordaktionen. Fünf Jüdinnen aus der hiesigen Nervenklinik und zwei weitere Personen aus einer Privatklinik wurden abtransportiert und trafen am 23.9.1940 in der Landesheil- u. Pflegeanstalt Wunstorf ein. Am 27.9.1940 wurden 158 jüdische Patienten, unter ihnen Ides Treff, bei größter Geheimhaltung vor Angehörigen mit der Reichsbahn in das Alte Zuchthaus Brandenburg transportiert und in Gaskammern ermordet. Als „Verlegungsort“ wurde die Nervenheilanstalt Chelm (Cholm) bei Lublin angegeben, die aber bereits Anfang 1940 durch die SS geschlossen worden war. Die angeblich vom Standesamt Chelm ausgestellten Sterbeurkunden waren tatsächlich aber in Berlin angefertigt worden.

Als polnische Staatsangehörige wurden Moses Treff und seine Tochter Cypre (Regina) im Zuge der „Polenaktion“ am 27./28.10.1938 verhaftet und in einer Gruppe von über 80 Deportierten in Fraustadt/Oberschlesien über die Grenze nach Polen abgeschoben. Sie waren zunächst in Zbaczyn/Bentschen untergebracht. Eine Freundin von Cypre aus Hemelingen soll sich in ihrem Auftrag um die Auflösung des Haushalts in Sebaldsbrück gekümmert haben.

Vermutlich mit der Auflösung des Sammellagers in Zbaczyn gelangten Vater und Tochter 1939 nach Krakau. Von dort wurde Moses Treff am 29.11.1940 in den Ort Zwierzyniec/Bezirk Lublin deportiert. Danach verliert sich seine Lebensspur. Am 22.10.1942 mussten alle dort lebenden Juden zum Bahnhof marschieren, wurden in Viehwagen gezwungen und in das Vernichtungslager Belzec gebracht, wo sie ermordet wurden.

Cypre Treff befand sich noch bis zum 16.3.1941 in Krakau. Zu diesem Zeitpunkt wurden mehrere zehntausend Juden aus der Stadt vertrieben. Sie wurden nach Brzesko-Slotwina/Galizien deportiert, wo seit 1940 ein Ghetto bestand. Dort begannen die Deportationen in das Vernichtungslager Belzec im Herbst 1942. Cypres weiteres Schicksal ist nicht bekannt.

Die Tochter Cecylia, verh. Galibof, wuchs in Hannover auf. Sie wanderte im September 1938 nach England und von dort nach New York aus.

Peter Christoffersen (2023)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E 11109; 4,54-E 11109; Einwohnermeldekartei
Archiv Klinikum Bremen-Ost
Engelbracht, Gerda: Der tödliche Schatten der Psychiatrie, Bremen 1997, S. 114
Finzen, Asmus: Auf dem Dienstweg, Rehburg-Loccum 1983, S. 24ff.
www.jewishgen.org (Krakow Transport Lists -Stand 2/2021)

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Polenaktion"
Glossarbeitrag Ostjüdische Gemeinde