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Elisabeth Schwabe, *1892

deportiert 1941
ermordet in Minsk


Humboldtstr. 10
Bremen-Östliche Vorstadt


Humboldtstr. 10 - Weitere Stolpersteine:


Elisabeth Schwabe


Elisabeth Schwabe, geb. 21.9.1892 in Wildeshausen, war die Tochter von Julius Schwabe (geb. 1857 in Wildeshausen, gest. 30.4.1938 in Bremen) und seiner Ehefrau Selma, geb. Ahrens (geb. 1860 in Varel, gest. 11.4.1937 in Bremen). Zwei weitere Geschwister verstarben frühzeitig. Die Familie wohnte seit 1921 in Bremen, Humboldtstraße 10.

Julius Schwabe war Viehhändler und Kaufmann und kam aus Wildeshausen, Westerstraße 4. Neben dem Viehhandel betrieb er einen Antiquitäten- und Weinhandel. Um 1913 gehörte er zu den vermögendsten Juden seines Heimatortes. Während des Ersten Weltkrieges belieferte er die Kriegsmarine in Bremen mit Vieh. Von 1911 bis 1913 war er Vorsteher der Jüdischen Gemeinde Wildeshausen. 1921 gab er vermutlich aus Altersgründen seine Geschäfte in Wildeshausen auf und zog mit der Familie nach Bremen. Hier war er als Auktionator, Häusermakler und Antiquitätenhändler tätig. Seine Ehefrau und er ruhen auf dem jüdischen Friedhof in Wildeshausen.

Elisabeth (Elli) Schwabe war ledig und kam mit ihren Eltern am 15.4.1921 nach Bremen. Sie übernahm die Geschäfte ihres Vaters und hatte ab Dezember 1932 ein Gewerbe mit „Grundstücksvermittlungen, Vermietungen und Hypothekenmakler“ angemeldet. Nach dem Tode des Vaters erbte sie Haus und Grundstück Humboldtstraße 10 sowie drei weitere Immobilien. Ab 1939 wurde das Haus als„Judenhaus“ genutzt. Ihre wirtschaftlichen Verhältnisse dürften trotz des Grundbesitzes sehr angespannt gewesen sein. Dafür gibt es diverse Anhaltspunkte: die Judenvermögensabgabe wurde gestundet, Steuern und Rechnungen (z. B. über den Krankenhausaufenthalt ihres verstorbenen Vaters) blieben unbezahlt, zwei Hypothekengeber kündigten ihre Darlehen.

Das Haus wurde am 6.9.1939 „arisiert“. Der Resterlös nach Abzug von Verbindlichkeiten ging auf ein Sperrkonto. Vom neuen Eigentümer wurde ihr ein mindestens einjähriges Wohnrecht für eine Miete von 1.000 RM zugestanden, sofern sich keine Eigennutzung ergäbe. Dem Antrag des Erwerbers, das Haus zukünftig als „Arierhaus“ zu deklarieren, wurde nicht entsprochen. Die Behörde für Wohlfahrt und Versicherung bestand darauf, dass das Gebäude „auch in Zukunft als jüdisches Wohngrundstück angesehen werden“ müsse. Elisabeth Schwabes Grundstücke in der Grafen- und Grützmacherstraße wurden am 10.11.1941 kurz vor ihrer Deportation „arisiert“.

In der Propagandaschrift der NSDAP-Kreisleitung von 1935 „auch dich geht es an“, die die jüdischen Betriebe aufführte, ist auch ihre Agentur, die unter dem Namen ihres Vaters firmierte, aufgeführt. In den Akten der Inneren Verwaltung gibt es noch eine weitere Spur von ihr: am 4.3.1939 wandte sie sich mit einer Anfrage bezüglich der Ablieferung von Gegenständen aus Edelmetall an die Behörde. Der Inhalt der Akte ist aber vernichtet. Am 6.7.1941 schickte sie dem neuen Eigentümer ihres Hauses ein Telegramm mit Glückwünschen zur Silberhochzeit.

Elisabeth Schwabe wurde am 18.11.1941 in das Ghetto Minsk deportiert. Sofern sie nicht den unmenschlichen Lebensbedingungen im Ghetto erlag, fiel sie einer der Massenmordaktionen zum Opfer, die Ende Juli 1942 begannen.

Peter Christoffersen (2016)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E10299, 4,54-Ra2100, Einwohnermeldekarte, 4,13/1-R.1.f Nr. 206, 3-J.5.185, „auch dich geht es an“ AB- 9997-2a

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Arisierung"
Glossarbeitrag "Judenhäuser"
Glossarbeitrag Minsk