Walter Warschauer, *1921
deportiert 1941
ermordet in Minsk
Humboldtstr. 10
Bremen-Östliche Vorstadt
Humboldtstr. 10 - Weitere Stolpersteine:
Walter Warschauer
Familienbiografie
Henny Warschauer, geb. Gusdorf
Walter Warschauer
Kurt Warschauer
Henny Gusdorf wurde am 2.3.1884 in Detmold/Kreis Lippe geboren als Tochter von Moses Gusdorf (gest. 1917 in Hildesheim) und seiner Ehefrau Regina, geb. Frankenstein (gest. 1927 in Hildesheim). Henny hatte acht Geschwister.
Sie besuchte vom 6. bis zum 15. Lebensjahr die Jüdische Elementarschule in Detmold. Anschließend machte sie eine kaufmännische Lehre in Hildesheim und arbeitete danach mehrere Jahre als Verkäuferin. Ihre nächste berufliche Station war eine Vertretung der Hildesheimer Corsettfabrik E. u. M. Gusdorf, die sich vermutlich - geht man von ihrem Geburtsnamen aus - in Familienbesitz befand. Seit dem 4.12.1919 war sie in Bremen, Weberstraße 26, gemeldet. Am 1.11.1920 heiratete sie den Kaufmann Jakob Warschauer (geb. 1880 in Gnesen). Aus der Ehe stammten die beiden in Bremen geborenen Söhne Walter (geb.19.12.1921) und Kurt (geb. 30.12.1924).
Jakob Warschauer betrieb seit 1919 ein Fahrrad- und Nähmaschinengeschäft mit einer Werkstatt in der Weberstraße 26. Dafür warb er verschiedentlich im Jüdischen Gemeindeblatt (nachzulesen im Jahrgang 1932). Henny Warschauer eignete sich viele technische Kenntnisse an, so dass sie in der Lage war, während der häufigen Reisen ihres Mannes und nach dessen Tod am 8.12.1929 das Geschäft weiterzuführen. Ihr Ehemann wurde auf dem Jüdischen Friedhof in Bremen-Hastedt beigesetzt. Nur wenige Monate zuvor war sein Vater Magnus verstorben. Beide Grabsteine sind erhalten geblieben.
In der Broschüre der Kreisleitung der NSDAP von 1935 „auch dich geht es an“ wurde zum Boykott ihres Geschäftes aufgerufen. Vermutlich aufgrund zurückgehender Umsätze schloss sie ihr Geschäft zum 19.6.1936. Alle Versuche, im Lebensmittelbereich als Warenvertreterin zu arbeiten, blieben erfolglos bzw. wurden nicht genehmigt. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie sich allem Anschein nach mit dem An- und Verkauf gebrauchter Fahrräder und Nähmaschinen, denn noch am 22.11.1938 erging an sie eine polizeiliche Aufforderung, ein „Trödlerbuch“ zu führen. Am 1.4.1936 zog sie mit ihren Söhnen in das „Judenhaus“ in der Humboldtstraße 10 um.
Am 18.11.1941 wurde Henny Warschauer mit ihren Söhnen Kurt und Walter in das Ghetto Minsk deportiert. Mutter und Sohn Kurt erlagen entweder den unmenschlichen Lebensbedingungen im Ghetto oder fielen einer der Massenmordaktionen zum Opfer, die Ende Juli 1942 begannen. Sohn Walter wurde weiter in das Konzentrationslager Natzweiler-Struthof/Elsass und schließlich in das Konzentrationslager Neuengamme deportiert, wo er am 24.3.1945 starb. Nach der Deportation von Familie Warschauer wurde der Hausstand als „ehemaliges Judenvermögen“ im Auftrag des Oberfinanzpräsidenten Weser-Ems am 26.1.1942 im Versteigerungslokal Auf den Häfen 66 für 1.031 RM versteigert. Der Erlös ging an das Deutsche Reich.
Die Geschwister von Henny Warschauer wurden ebenfalls Opfer des Holocaust: Max, Emma (verheiratete Turk), Hermann, Anna (verheiratete Falk) und Else (verheiratete Bloch). Ihre Schwestern Bertha (verheiratete Feibusch) und Margarethe sowie der Bruder Albert waren rechtzeitig in die USA ausgewandert.
Barbara Ebeling (2016)
Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E10652, 4,54-Ra5122 StA Bremen Broschüre „auch dich geht es an“ AB-9997-2a
Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Judenhäuser"
Glossarbeitrag Minsk