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Klara Cohen, geb. Assenheimer, *1871

deportiert 1941
ermordet in Minsk


Elsasser Str. 114
Bremen-Schwachhausen


Elsasser Str. 114 - Weitere Stolpersteine:


Klara Cohen


Klara (Clara) Cohen wurde am 28.5.1871 in Ottersberg als Tochter von Meyer Assenheimer (geb. 1826) und Else Hertz (geb. 1841) geboren. Sie hatte drei jüngere Schwestern. Am 1.10.1899 heiratete sie Siegmund Cohen (geb. 19.3.1871). Er stammte aus Osterholz- Scharmbeck und hatte dort Kindheit und Jugend verbracht. Das Ehepaar Cohen hatte einen Sohn, Erich (geb. 18.8.1900) und eine Tochter, Hanny (geb. 31.3.1905).

Siegmund Cohen eröffnete 1897 am Bahnhof (später Bahnhofstraße 37) in Osterholz-Scharmbeck ein Manufaktur-, Kurz- und Weißwarengeschäft, das ihn zum Konkurrenten seines Bruders Alfred machte, der das väterliche Manufakturwarengeschäft in Osterholz-Scharmbeck, Hohestraße 51, führte. Das Gebäude konnte Siegmund Cohen später erwerben und ausbauen.
Er nahm am Ersten Weltkrieg teil und kehrte mit einer so schweren Kriegsverletzung zurück, dass er auf Dauer nicht mehr in der Lage war, das Geschäft zu führen. Die Tochter Hanny lebte bei ihren Eltern und half in Haushalt und Geschäft. Seit 1925 stand das Unternehmen unter „Geschäftsaufsicht“, einem amtlich angeordneten Verfahren zur Abwendung eines Konkurses, weil die Geschäfte offensichtlich sehr schlecht liefen. Trotzdem übernahm Hanny am 21.9.1932 den Betrieb der Eltern (Verkauf vom Vater an die Tochter) und führte ihn zunächst weiter. 1933 wanderte ihr Bruder Erich nach Johannisburg/ Südafrika aus.

Der seit 1933 von den Nationalsozialisten organisierte und durchgesetzte Boykott jüdischer Geschäfte führte zum Konkurs des Unternehmens in der Bahnhofstraße und zu anschließender Zwangsversteigerung im Oktober 1934. Die Familie musste daraufhin in eine Mietwohnung in der Lindenstraße 6 umziehen. Hanny Cohen betrieb ab 1934 ein kleines Manufakturwarengeschäft in der Bahnhofstraße 34. In der Reichspogromnacht im November 1938 wurde ihr Geschäft verwüstet, sodass sie es aufgab. SA-Männer drangen auch in die Wohnung der Cohens in der Lindenstraße ein und misshandelten Siegmund Cohen so schwer, dass er sich danach nicht mehr erholen konnte. Im Februar 1939 suchte die Gestapo in der Wohnung Lindenstraße 6 nach „unerwünschtem Schrifttum" und beschlagnahmte Bücher.

Die Angaben, die Hanny Cohen in den vom Oberfinanzpräsidenten Weser-Ems 1939 angeforderten Vermögens-Fragebogen eintrug, spiegelten die Lebensumstände der Familie: Für sich und ihre Eltern gebe sie monatlich 18 RM für Miete und 28 RM für Lebensunterhalt und Bekleidung aus, ferner zahle sie 6 RM an die Krankenkasse.

Klaras Cohens Ehemann Siegmund starb am 20.11.1939 an den Folgen der Misshandlungen, die er in der Reichspogromnacht erlitten hatte. Am 23.11.1939 wurde er an einer unbekannten Stelle auf dem verwüsteten jüdischen Friedhof in Osterholz-Scharmbeck beigesetzt. Seine Tochter Hanny hatte gegen alle Widerstände beim Bürgermeister die Erlaubnis bekommen, in der Privatwohnung Lindenstraße 6 eine Trauerfeier für ihn durchzuführen, die von einem Vertreter der Israelitischen Gemeinde Bremen abgehalten wurde. In dieser Wohnung durften Klara und Hanny Cohen nur noch bleiben, weil die Gemeindeverwaltung von Osterholz-Scharmbeck im Frühjahr 1939 auf die Räumung verzichtet hatte mit der Begründung, dass sie mit dem baldigen Tod von Siegmund Cohen rechne.

Klara und Hanny Cohen mussten nach seinem Ableben die Wohnung in der Lindenstraße verlassen. Sie zogen am 15.7.1940 nach Bremen, wo sie in das „Judenhaus“ Elsasser Straße 114 eingewiesen wurden. Am 15.11.1940 nahm Hanny Cohen den geschiedenen Kaufmann Bernhard Moritz Meyer (geb. 19.12.1883 in Halberstadt) als Untermieter auf. Am 28.8.1941 heirateten die beiden. An der vorgesehenen Deportation aller Bremer Juden nach Minsk hätte die 70jährige Klara Cohen nicht teilnehmen müssen, aber ihre Tochter schrieb im Oktober 1941 „...aber ich lasse sie nicht allein zurück [...] das ist das Ende und wir Drei waren so glücklich [...]“.

Klara Cohen wurde – wie auch die anderen Bewohner des „Judenhauses“ Elsasser Straße 114 – am 18.11.1941 nach Minsk deportiert. Sie wurde ermordet: Sofern sie nicht den unmenschlichen Lebensbedingungen im Ghetto erlag, fiel sie einer der Massenmordaktionen zum Opfer, die Ende Juli 1942 begannen.

Barbara Ebeling (2023)

Informationsquellen:
StA Bremen Einwohnermeldekartei
Beer, Klaus: Ein Denkmal für Familie Cohen, die in Osterholz-Scharmbeck in Niedersachsen gelebt hat, errichtet im Jahr 2001, Osterholz-Scharmbeck 2001
Obenaus, Herbert (Hrsg.): Historisches Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen, Göttingen 2005, S.1358
www.teufelsmoor.eu; wiki-de.genealogy.net
Briefe von Hanni Meyer an Marie Kothe vom 9./24.4./25.5./30.10./7.11.1941 (Privatbesitz)

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Minsk