Sie befinden sich hier | Kapitelüberschrift  Stolpersteine Biografie
Schriftgroesse verkleinern Schriftgroesse normal Schriftgroesse vergrössern
Diese Seite ausdrucken

Walter Stempel, *1901

"Schutzhaft" 1938 Sachsenhausen, deportiert 1941
Ermordet in Minsk


Schillerstraße 14
Bremen-Mitte

Verlegedatum: 30.09.2014


Schillerstraße 14 - Weitere Stolpersteine:


Walter Stempel

geb. 8.7.1901 in Wien

Walter Stempel war der Sohn von Louis Stempel (1852-1916) und seiner Ehefrau Sali (geb. Kleinberg, geb. 1863). Das Ehepaar hatte zwei Kinder: Zerline (geb. 1897 in Wien) und Walter. Die Familie kam 1910 aus Wien nach Bremen. Die Eltern waren jüdischen Glaubens.

Walter Stempel war nach einem Eintrag auf seiner Einwohnermeldekartei Reisender bzw. Vertreter. Von 1933 bis 1938 hatte er eine Gewerbe- und Warenvertretung angemeldet. In der Nazi-Boykottbroschüre von 1935 wird er als Vertreter der Fa. Bähr & Co. aufgelistet. Ab 1923 bekam er die bremischen Bürgerrechte, 1932 ließ er sich taufen (evangelisch). Nach den Nürnberger Gesetzen von 1935 galt er jedoch wieder als Jude, seine Einwohnermeldekartei vermerkt: "4 Großelternteile Jude". Er hatte einen Sohn, Heribert Riechers, der 1921 außerehelich geboren wurde. Er wuchs bei seiner Mutter auf und hatte kaum Kontakt zu seinem Vater gehabt. Im Zuge der Pogromnacht wurde Walter Stempel am 9./10.11.1938 verhaftet und tags darauf in das Konzentrationslager Sachsenhausen deportiert. Sein Entlassungsdatum ist nicht bekannt.

Am 28.6.1939 heiratete er die Büroangestellte Emmy Röttgen, gesch. Schuler. Sie war vermutlich zu dem Zeitpunkt bereits Sekretärin im Bremer Büro der Beratungsstelle des Hilfsvereins der Juden in Deutschland, das in der Kohlhökerstraße 6 (Gemeindehaus der israelitischen Gemeinde ab 1938) untergebracht war. Hier informierte sie über Auswanderungsmöglichkeiten, gab Rechts- und Finanzberatung, bemühte sich um die Ausstellung bereinigter Führungszeugnisse. Ihre eigene Auswanderung mit Familie soll sie immer wieder zurückgestellt haben, um anderen Juden helfen zu können. Max Markreich merkte in seinen Erinnerungen an, dass sie durch einen "Gestapo-Kommissar" geschützt gewesen sei, aber aufgrund ihrer umfangreichen Kenntnisse über die Vorkommnisse dort, schließlich eliminiert werden sollte.

Am 18.11.1941 wurden Walter und Emmy Stempel und deren siebenjährige Tochter Anneliese von Bremen aus in das Ghetto Minsk deportiert. Dort wurden sie ermordet: sofern sie nicht den unmenschlichen Lebensbedingungen im Ghetto erlagen, fielen sie einer der Massenmordaktionen, die einen Höhepunkt in der Vernichtung des überwiegenden Teils der Bewohner des "Sonderghettos" am 28./29.7.1942 fand, zum Opfer.

Walter Stempels Schwester Zerline Bollinger wurde gleichfalls nach Minsk deportiert, seine Mutter Sali wurde im Vernichtungslager Treblinka ermordet.

Verfasser:
Peter Christoffersen (2014)

Informationsquellen:
Staatsarchiv Bremen, Einwohnermeldekarten
Staatsarchiv Bremen, "auch dich geht es an" AB-9997-2a
Max Markreich, Geschichte der Juden in Bremen und Umgebung, Manuskript Band 2, S. 284, Staatsarchiv Bremen
Lebensgeschichten, Schicksale Bremer Christen jüdischer Abstammung nach 1933, in: Hospitium Ecclesiae, Band 23, Bremen 2009 (2.A.)

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Rassengesetzgebung
Glossarbeitrag Sachsenhausen
Glossarbeitrag Minsk