Rita Hahn, geb. Gottheiner, *1914
deportiert 1941
ermordet in Minsk
Lüder-Clüver-Str. 26
Bremen-Blumenthal
ehemalige Straßenbezeichnung: Blumenstr. 26
Lüder-Clüver-Str. 26 - Weitere Stolpersteine:
Rita Hahn
Familienbiografie
Louis Hahn
Rita Hahn, geb. Gottheimer
Eli Hahn
Louis Hahn wurde am 6.12.1901 als Sohn des Kaufmanns Eduard Hahn (geb. 1852) und seiner aus Hamburg stammenden Ehefrau Hanna geb. Jacobsen (geb. 1872) in Blumenthal geboren.
Seine Familie lebte dort bereits in dritter Generation. Sein 1813 geborener Großvater Meyer Hahn hatte 1877 das direkt am Markplatz gelegene Grundstück Langestraße 134 (heute Landrat-Christians-Straße 146) gekauft. Als er 1896 starb, erbte sein jüngster Sohn Eduard dieses Grundstück, baute mit seiner Frau Hanna um 1900 auf dem Grundstück ein Wohn-und Geschäftshaus und eröffnete mit ihr ein Wäsche- und Manufakturwarengeschäft.
Nach dem Tod seines Vaters übernahm Louis Hahn 1931 das gutgehende Geschäft und führte es mit seiner Mutter Hanna weiter. Sein älterer Bruder Max (geb. 1898) war nach seiner Heirat nach Breslau gezogen und betrieb dort ein Kolonialwarengeschäft.
Wie schon sein Großvater Meyer Hahn, der Synagogenvorsteher gewesen war, und wie sein Vater Eduard engagierte sich Louis Hahn in der Synagogengemeinde Aumund. Im Garten, den er gemein-sam mit seinem auf einem angrenzenden Grundstück wohnenden Cousin Martin Herz nutzte, stand zum Laubhüttenfest eine Laubhütte; Nachbarn und Kunden, die vorüber kamen, wurde dann Gebäck angeboten.
Louis Hahn, der gern vor der Tür seines Geschäfts stand, Passanten begrüßte und sie einlud, in sein Geschäft zu kommen, legte Wert auf gute und freundliche Beratung. Häufig verteilte er kleine Geschenke an die Kunden. Das Preis-Leistungsverhältnis stimmte und so kaufte man gern „beim Juden Hahn“. Allerdings war von 1933 an der finanzielle Einbruch deutlich spürbar, auch wenn nicht alle Kunden der Aufforderung zum Boykott jüdischer Geschäfte folgten.
1937 heiratete Louis Hahn die am 20.3.1914 in Bernburg geborene Rita Gottheimer.
In der Reichspogromnacht 1938 wurden das Geschäft geplündert, die Schaufenster zertrümmert und Louis Hahn inhaftiert. Wohnhaus und Geschäft konnte er unmittelbar nach der Zerstörung nur noch an die Gemeinde Blumenthal verkaufen, die beides im Dezember 1938 vermietete. Vor der Übergabe musste er die Schäden, die in der Pogromnacht entstanden waren, auf eigene Kosten beseitigen lassen. Louis Mutter Hanna verließ Blumenthal noch im November 1938 und zog zu ihrem Sohn Max Hahn und seiner Familie nach Breslau.
Louis und Rita Hahn wurde für einen kleinen Teil des Hauses ein Wohnrecht eingeräumt; Küche, Bad und Waschküche mussten sie gemeinsam mit den neuen Hausbewohnern nutzen. Da der vereinbarte Kaufpreis von 17.000 RM auf ein Sperrkonto eingezahlt wurde, stand er nicht zur Verfügung, und sie konnten ihre Absicht, in die USA auszuwandern, nicht verwirklichen. Louis Hahn musste im Straßenbau arbeiten.
Ende 1938 wurde das Ehepaar in das dem jüdischen Notar Dr. Ludwig Cobliner gehörende Haus in der Blumenstraße 26 (heute Lüder-Clüver-Straße) eingewiesen, das zum „Judenhaus“ wurde. Am 6.12.1940 wurde dort ihr Sohn Eli geboren.
Bei der Versorgung mit Lebensmitteln wurden Juden benachteiligt: ihnen standen geringere Rationen zu als „Deutschblütigen“, und sie durften im Konsumgeschäft in der Mühlenstraße nur in der Mittagspause oder nach Feierabend einkaufen. Nach Berichten soll Rita Hahn einmal versucht haben, für den kleinen Eli Milch zu kaufen. Sie hätte sich in die Warteschlange vor einem Milchgeschäft in der nahen Mühlenstraße eingereiht. Immer, wenn sie am Tresen gestanden und ihre Milchkanne angereicht hätte, hätte sie sich auf Forderung der anderen Frauen wieder an das Ende der Schlange stellen müssen. Schließlich hätte eine mutige Frau ihr die Milch gegeben, die sie für die eigene Familie gekauft hatte.
Am 18.11.1941 wurden Louis, Rita und Eli Hahn in das Ghetto Minsk deportiert. Dort wurden sie ermordet: sofern sie nicht den unmenschlichen Lebensbedingungen im Ghetto erlagen, fielen sie einer der Massenmordaktionen zum Opfer, die Ende Juli 1942 begannen.
Louis Hahns Mutter Hanna wurde 1942 von Hamburg aus, wohin sie nach der Auswanderung ihres älteren Sohnes zurückgekehrt war, in das Vernichtungslager Treblinka deportiert und dort ermordet. Seinem Bruder Max gelang 1939 von Breslau aus zunächst die Auswanderung nach Manila/Philippinen und später von dort aus in die USA.
Wiltrud Ahlers (2013)
Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E 3783
Grundbuch des Amtsgerichts Blumenthal
Abbildungsnachweis: Heimatverein Blumenthal
Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Novemberpogrom
Glossarbeitrag "Arisierung"
Glossarbeitrag "Judenhäuser"
Glossarbeitrag Minsk