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Dr. Ludwig Cobliner, *1888

verhaftet 1944 KZ Neuengamme
ermordet


Lüder-Clüver-Str. 26
Bremen-Blumenthal
ehemalige Straßenbezeichnung: Blumenstr. 26


Lüder-Clüver-Str. 26 - Weitere Stolpersteine:


Ludwig Cobliner


Dr. Ludwig Cobliner wurde am 20.5.1888 in Posen geboren; seine Eltern waren Meyer Cobliner und seine Ehefrau Helene, geb. Brandt. Von 1894 bis 1905 besuchte er in Posen die Schule, die er mit dem Abitur abschloss. Anschließend studierte er in Freiburg, München, Breslau und Berlin Jura. Nach dem Ersten Staatsexamen war er in Jastrow und Berlin Gerichtsreferendar. Am Ersten Weltkrieg nahm er als Soldat der Infanterie teil, wurde schwer verwundet und nach seiner Entlassung aus dem Lazarett beim Wehrbereichskommando in Posen eingesetzt. Nach Kriegsende war er als Assessor in Berlin tätig.

Im September 1919 ließ er sich als Rechtsanwalt in Blumenthal nieder und erhielt im April 1920 die Zulassung als Notar. Wie die Entwicklung seines Vermögens zeigt, war er offenbar erfolgreich tätig. Er heiratete 1926 die nichtjüdische Witwe Anna Dierssen, geb. Partheymüller (geb. 1887 in Hildburghausen); sie brachte eine Tochter mit in die Ehe. Sie wohnten in Blumenthal in einem sehr gut eingerichteten Haus in der Blumenstraße 26 (heute Lüder-Clüver-Straße). Seine Schwägerin war mit dem Besitzer der Maschinenfabrik Dewers in Blumenthal-Rönnebeck verheiratet.

Seit 1933 ging die Zahl der Mandanten Dr. Cobliners immer weiter zurück. Im Hinblick auf seinen Fronteinsatz im Ersten Weltkrieg wurde ihm die Zulassung als Notar jedoch erst 1938 entzogen. Seine Frau soll von ihrer Familie immer wieder gedrängt worden sein, sich von ihrem Mann scheiden zu lassen; sie gab dem Druck aber nicht nach.

In der Reichspogromnacht 1938 wurden die Fensterscheiben des Hauses in der Blumenstraße 26 eingeschlagen. Dr. Cobliner wurde vorübergehend in „Schutzhaft“ genommen.

In sein Haus wurden ab Ende 1938 jüdische Familien aus Blumenthal eingewiesen, die aus ihren bisherigen Wohnungen ausziehen mussten. Es wurde zum „Judenhaus“.

Die Familie Cobliner musste 1942 ihr Haus in der Blumenstraße verlassen und nach Bremen ziehen, sie lebte fortan in „Judenhäusern“. Bei einem Luftangriff am 16.12.1943 verlor sie die wenige Habe, die ihr nach Plünderung und Beschlagnahme bei der Zwangsumsiedlung von Blumenthal nach Bremen noch geblieben war. Ihr letzter gemeinsamer Wohnsitz war in der Horner Straße 38.

Als jüdischer Partner in einer „privilegierten Mischehe“ war Dr. Cobliner zwar zunächst geschützt, doch am 4.8.1944 wurde er verhaftet und in das Arbeitserziehungslager Farge gebracht und am 23.11.1944 in das KZ Neuengamme überstellt. Sein weiteres Schicksal ist nicht zu ermitteln.

Aufgrund ihrer Ehe mit einem jüdischen Mann leistete Anna Cobliner während des Krieges Zwangsarbeit bei Krupp. Bald nach Kriegsende übernahm sie wieder das Haus in der Blumenstraße 26. Auf dem Friedhof der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde in Blumenthal hat Frau Cobliner zum Gedenken an ihren Mann einen Grabstein setzen lassen: er trägt die Inschrift: „Grenzen des Lebens aber nicht der Liebe“.

Barbara Johr / Wiltrud Ahlers (2013)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E6176

Weitere Information:
Glossarbeitrag Rassengesetzgebung
Glossarbeitrag Neuengamme