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Herbert Gärtner, *1911

deportiert 1941
ermordet in Minsk


Daniel-von-Büren-Str. 54
Bremen-Mitte
ehemalige Straßenbezeichnung: Kaufmannsmühlenkamp 5


Daniel-von-Büren-Str. 54 - Weitere Stolpersteine:


Herbert Gärtner

geb. 16.2.1911

Herbert Gärtner war der älteste Sohn von Max und Jenny Gärtner und wurde in Bernstorff, Kreis Hoya, geboren.

Die Eltern von Max Gärtner hießen Simon Gärtner und Regina geb. Nathan. Sie lebten in Ruppichteroth in der Nähe von Köln. Dort wurde Max Gärtner am 22.8.1877 geboren. Er heiratete am 9.4.1910 Jenny Goldschmidt (geb. 9.4.1882 in Dillingen bei Osnabrück). Aus ihrer Ehe gingen drei Söhne hervor, die alle in Barnstorf, Kreis Grafschaft Hoya geboren wurden: Herbert, Walter (geb. 11.6.1912) und Otto (geb. 7.6.1914).

Die Familie lebte in Barnstorf, das zum Synagogenbezirk Diepholz gehörte. Max Gärtner war ein angesehener Viehhändler. In der Bahnhofstraße 139 besaß er ein Hausgrundstück mit Stallungen, daneben gehörte ihm Weideland in der Gemeinde. Er handelte vorzugsweise mit Großvieh, kaufte das Vieh in der Umgebung auf und verkaufte es in Osnabrück und Dortmund. Über den Umfang seines Viehhandels variieren die Angaben in den Unterlagen. Die Söhne Walter und Herbert führten ebenfalls ein Viehhandelsgeschäft in Barnstorf. 1935 lebten in Barnstorf nur noch zehn Juden. In einem Aktenvermerk ist festgehalten, dass Max Gärtner in der „Ausübung der Erwerbstätigkeit“ beschränkt wurde. Seine Einnahmen gingen derart zurück, dass er 1937 das Viehhandelsgeschäft aufgeben musste. In der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10.11.1938 kam es in Barnstorf u. a. gegen die Familie Gärtner zu Ausschreitungen.

1939 war Herbert Gärtner in Hannover gemeldet, vermutlich wegen seiner Heirat mit Thea Ostreich (geb. 9.7.1909 in Berlin) am 10.3.1939. Beide Eheleute kamen am 15.3.1939 zurück nach Barnstorf.

Walter Gärtner machte nach dem Ende seiner Schulzeit eine Banklehre in Bremen, doch an den Wochenenden kam er zurück nach Barnstorf. Gemeinsam mit seinem Bruder Herbert spielte er im Männerturnverein Jahn in der Handball-Mannschaft. Am 20.8.1938 gelang es ihm mit Hilfe der„Hebrew Immigrant Aid Society“, mit dem Schiff„Westerland“ in die USA zu reisen. Da er ein Passagier Erster Klasse war, musste er nicht über die Einwandererstation Ellis Island seine Einreise abwickeln. Ab 29.2.1944 diente er in der US-Army. Als einziges Familienmitglied überlebte er den Krieg; er starb am 3.6.1983.

Sein jüngerer Bruder Otto Gärtner war ledig und hatte keine Berufsausbildung, da er an einer schweren Herzkrankheit litt. Durch eine bläulich verfärbte Haut war sein Leiden für alle sichtbar.

Alle Mitglieder der Familie Gärtner – mit Ausnahme von Walter – zogen nach Bremen; ab 11.9.1939 waren sie in dem „Judenhaus“ Kaufmannsmühlenkamp 5 (heute Daniel-von-Büren-Straße 54) gemeldet. Vor dem Umzug konnten Haus und Grundstück in Barnstorf noch verkauft werden, doch musste der Erlös auf ein Sperrkonto eingezahlt werden, so dass das Geld nicht verfügbar war. Von dem Mobiliar der 7-Zimmer-Wohnung in Barnstorf konnte nichts nach Bremen mitgenommen werden.

Am 18.11.1941 wurden Max, Jenny, Herbert, Otto und Thea Gärtner in das Ghetto Minsk deportiert. Dort wurden sie ermordet: sofern sie nicht den unmenschlichen Lebensbe- dingungen im Ghetto erlagen, fielen sie einer der Massenmordaktionen zum Opfer, die Ende Juli 1942 begannen.

Verfasserin: Barbara Ebeling (2015)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54 –E10364, 4,54-E10365, Einwohnermeldekarte
Obenaus (Hrsg.).: Handbuch, S. 470
Schulprojekt der Christian-Hülsmeyer-Schule Barnstorf, 10.Klasse, Mitteilung vom 29.9.2014

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Novemberpogrom
Glossarbeitrag "Judenhäuser"
Glossarbeitrag Minsk