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Ursula Oetjen, *1926

eingewiesen in die "Heilanstalt" Meseritz
ermordet 19.12.1943


Luisental 5/ neben Einfahrt Seniorenresidenz
Bremen-Horn-Lehe


Luisental 5/ neben Einfahrt Seniorenresidenz - Weitere Stolpersteine:


Ursula Oetjen


Ursula Oetjen kam am 7.12.1926 als zweites von sechs Geschwistern in einer Bremer Arbeiterfamilie zur Welt. Kurz vor ihrem zweiten Geburtstag wurde sie im Haus Reddersen aufgenommen, wo sie fast elf Jahre lebte. Über ihr Leben in der bremischen Pflege- und Erziehungsanstalt für geistig und körperlich behinderte Kinder und Jugendliche gibt es keinerlei Informationen.

Als die NS-Gesundheitsbehörde die Einrichtung mit Beginn des Zweiten Weltkriegs auflöste, fand die 13-Jährige vorübergehend Aufnahme in ihrem Elternhaus. Hier blieb sie nur wenige Monate bevor die Eltern sie kurz vor der Geburt des fünften Kindes im Februar 1940 in die Bremer Nervenklinik brachten.

Der Eintrag im „Meldebogen“ der Krankenakte lautete: „Ausgesprochene Intelligenzdefekte, streitsüchtig und störrisch“ und in der Rubrik „Art der Beschäftigung“: „Hat wohl den Willen zu helfen, leistet aber so gut wie gar nichts. Erfaßt nicht, worauf es ankommt.“ Ganz anders lesen sich die kurzen Nachrichten an das Jugendamt, in denen es heißt: „Das Mädchen ist vormittags auf der Krankenabteilung bei der Hausarbeit und nachmittags mit Kartoffelschälen und Gemüsereinigung beschäftigt. […] Sie ist hierbei eine immerhin brauchbare Arbeitskraft“. Offensichtlich bemühten sich die Eltern, unterstützt vom Jugendamt, die Tochter in einer Landstelle unterzubringen.

Nach der Bombardierung der Nervenklinik wurde Ursula Oetjen am 9.12.1943 in die Tötungsanstalt Meseritz- Obrawalde deportiert, wo sie nur wenige Tage nach ihrem siebzehnten Geburtstag am 19.12.1943 starb.

Außer Ursula verloren die Eltern ein weiteres Kind während der systematischen Krankenmordaktion. Die 1940 geborene Renate starb im Alter von vier Jahren in der sogenannten Kinderfachabteilung der Heil- und Pflegeanstalt Lüneburg eines gewaltsamen Todes.

Gerda Engelbracht (2017)

Informationsquellen:
Archiv Klinikum Bremen-Ost, Krankenakte Ursula Oetjen
Engelbracht, Gerda: Medizinverbrechen an Bremer Kindern und Jugendlichen in der Zeit des
Nationalsozialismus. Frankfurt a.M. 2014

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Euthanasie" / Zwangssterilisation
Glossarbeitrag Haus Reddersen