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Rolf Feiczewicz, *1921

deportiert 1941
ermordet in Minsk


Rembrandtstr. 25
Bremen-Schwachhausen


Rembrandtstr. 25 - Weitere Stolpersteine:


Rolf Feiczewicz


Rolf Feiczewicz wurde am 27.12.1921 in Bremen geboren. Er war der Sohn von Julius Feiczewicz (geboren 1888 in Strojestie/Bukowina) und dessen Ehefrau Berta, geb. Sprei (geboren 1898 in Wisnicz/Polen). Seine Eltern heirateten am 6.11.1919 in Bremen. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor: Kurt, geboren am 31.5.1920 in Bremen, und Rolf. Die Familie wohnte bis 1928 in der Ansgaritorstraße 5, dem Wohnsitz der Großeltern.

Rolfs Vater Julius Feiczewicz war ab 1920 mit einer Bilderrahmenfabrik in Bremen im Schüsselkorb 17/18 gemeldet. Ab 1929 war der Betrieb in Schierbrok (Ganderkesee) und ab 1930, nach dem Erwerb des Hauses Hankenstraße 21/22, dort verzeichnet. Von 1930-1932 war er Mitinhaber der Bilderrahmenfabrik Wüstenbecker bei relativ geringem jährlichen Einkommen. Ab 1933 wohnte die Familie in der Bismarckstraße 70, wo sein Vater am 17.2.1933 an Tuberkulose starb.

Nach dem Tode des Vaters zog Rolf mit seiner Mutter zunächst in die Parkallee 25, danach von 1935-1938 in die Contrescarpe 121, wo auch ein Onkel und eine Tante von ihm wohnten. Am 20.7.1938 heiratete seine Mutter Günther Wustenbecker (Nachname amerikanisiert), den Bruder des Bilderrahmenfabrikanten Karl Wüstenbecker und zog mit ihm nach Hamburg. Nach ihrem Fortzug kam Rolf in der Rückertstraße 26 bei der jüdischen Familie Friedemann unter.

Seine Bar Mizwa feierte er am 8.11.1934. Nach der Schulzeit begann er eine kaufmännische Lehre, die er vermutlich abbrechen musste. Ab einem nicht bekannten Zeitpunkt wird er auf seiner Einwohnermeldekarte als Bote geführt. Er besaß die rumänische Staatsangehörigkeit seines Vaters, die ihm im Juli 1938 entzogen wurde; danach galt er als staatenlos. Dies geschah im Zuge eines Erlasses des Reichsführers SS, nach dem alle rumänischen Juden einer ausländerpolizeilichen Überprüfung zu unterziehen waren. Hintergrund war eine antisemitisch geprägte Änderung des rumänischen Staatsbürgerschaftsrechts, die einen automatischen Verlust der Staatsangehörigkeit nach zehnjährigem Aufenthalt im Ausland vorsah.

Rolf war aktiver Tischtennisspieler im Jüdischen Turn- und Sportverein Bar Kochba. 1933/1934 wurde sein Onkel Adolf Sprei zum 1. Vorsitzenden des Vereins gewählt. 1937 fand eine bremischen Tischtennis-Meisterschaft zwischen dem JTSV Bar Kochba und der Sportgruppe "Schild", die dem Reichsbund jüdischer Frontsoldaten angehörte, statt. Das Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Bremen berichtete am 1.5.1937 darüber: „Im Herren-Doppel gewannen Adolf Sprei/Weißbraun (Bar Kochba) im Endspiel knapp gegen die jugendliche Kombination Rolf Feiczewicz/Claus Werner Zacharias (ebenfalls Bar Kochba) [...].“ Im Jahr davor war der sportliche Erfolg noch größer gewesen, Rolf gewann mit seinem Bruder Kurt das Herren-Doppel.

Rolf muss sich um eine Auswanderung in die USA bemüht haben. Es existiert ein Dokument, das ausweist, dass für ihn Geld für die Kosten der Ausreise beim Resettlement Service in Detroit hinterlegt worden war.

Es ist nur ein persönliches Zeugnis von Rolf Feiczewicz übrig geblieben. Sein Cousin Herbert Sprei schrieb nach seiner Entlassung aus dem KZ Buchenwald am 19.9.1939 einen Brief an seine 1938 nach Buenos Aires geflohenen Eltern, dem er einen Gruß hinzufügte:

"Lieber Onkel, liebe Tante! Da ich oft mit Herbert zusammen bin, so möchte auch ich Euch einige Grüsse senden. Meine Mutter ist auch noch immer in Hamburg, und kann sie jetzt natürlich auch nicht wegkommen. Ich hoffe, dass es Euch gut geht, was ich von mir wohl behaupten kann. Mit den herzlichsten Grüssen auch an Hänschen verbleibe ich stets
Euer Neffe Rolf."

Nach Bekanntwerden der Deportation nach Minsk musste Rolf Feiczewicz mit der Familie Friedemann am 1.11.1941 in das "Judenhaus" Rembrandtstraße 25 umziehen. Am 13.11.1941 kam seine Mutter Berta (siehe Wüstenbecker: Biografien A-Z) aus Hamburg nach Bremen zurück, wo sie gleichfalls in der Rembrandtstraße 25 Unterkunft fand. Nach Aussage ihres Sohnes Kurt wollte sie ihren Sohn Rolf bei der "Umsiedlung in den Osten" begleiten und schloss sich dem Transport nach Minsk an.

Rolf Feiczewicz, seine Mutter sowie alle anderen Bewohner des "Judenhauses" Rembrandtstraße 25 wurden am 18.11.1941 nach Minsk deportiert. Sie wurden ermordet: Sofern sie nicht den unmenschlichen Lebensbedingungen im Ghetto erlagen, fielen sie einer der Massenmordaktionen zum Opfer, die Ende Juli 1942 begannen.

Sein Bruder Kurt war 1934 gleichfalls bei der Mutter in der Rembrandtstraße 25 und dann in der Contrescarpe 121 gemeldet. Ihm gelang die Flucht über Belgien nach New York, wo er am 1.4.1940 eintraf. Dort änderte er seinen Namen in Kurt von Zartwitz, in Anlehnung an einen gleichnamigen Grundbesitz seines Vaters bei Neustrelitz. 1949 heiratete er in Los Angeles und verstarb dort 1965.

Peter Christoffersen (2017)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E10943, 4,54-E10944, 4,54-E10043, 4,54-Rü6268, Einwohnermeldekartei
Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Bremen vom 14.11.1934
Pfeiffer, Lorenz/Wahlig, Henry: Juden im Sport während des Nationalsozialismus, Göttingen 2012, S. 119, S. 128
JDC Archives
Gesetze über Fragen der Staatsangehörigkeit seit 1939 (Makarov), in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Band 11/1942, S. 199 f.

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Judenhäuser"
Glossarbeitrag Minsk