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Moritz de Haas, *1884

deportiert 1941
ermordet in Minsk


Admiralstr. 23
Bremen-Findorff


Admiralstr. 23 - Weitere Stolpersteine:


Moritz de Haas


Familienbiografie
Moritz de Haas
Sophie de Haas, geb. van der Zyl

Moritz de Haas wurde am 7.8.1884 als jüngstes der fünf Kinder von Abraham de Haas (geb. 1843 in Uchte) und seiner Ehefrau Betty, geb. Neublum, (geb. 1842 in Harpstedt) in Wildeshausen geboren.

Sophie de Haas stammte aus einer ursprünglich in den Niederlanden ansässigen Schlachter- und Viehhändlerfamilie. Ihr Vater, Abraham van der Zyl (geb. 1845 in Stadskanaal), hatte sich nach seiner Heirat mit Auguste van der Walde (geb. 1839 in Emden) im ostfriesischen Weener niedergelassen. Dort kam sie am 5.3.1883 als jüngstes von vier Kindern zur Welt.

Am 11.2.1911 heirateten Sophie van der Zyl und Moritz de Haas in Wildeshausen. Ihre Ehe blieb kinderlos; sie adoptieren Carl de Haas (geb. 7.3.1912 in Werlte), den jüngsten Sohn des ältesten Bruders von Moritz de Haas, Siegmund, und seiner Ehefrau Emma, geb. Frank. Diese starb ein halbes Jahr nach seiner Geburt.

Moritz de Haas arbeitete als Schlachter und Viehhändler in Wildeshausen. Am Ersten Weltkrieg nahm er von Beginn an teil. Während seiner Abwesenheit kaufte Sophie de Haas ein Wohn- und Geschäftshaus, in dem ihr Ehemann später eine Schlachterei einrichtete. Er erwarb einen Transport-LKW und war in seinen Geschäften sehr erfolgreich. 1919 zählte er zu den wohlhabendsten Bürgern Wildeshausens. Sein Sohn Carl half ihm im Geschäft.

Auch in der jüdischen Gemeinde war Moritz de Haas seit 1914 aktiv, 1919 wurde er zum Gemeindevorsteher gewählt und war einer ihrer wichtigsten finanziellen Unterstützer. Die Weltwirtschaftskrise und der 1933 einsetzende Boykott jüdischer Geschäfte verschlechterten die wirtschaftliche Lage von Moritz de Haas und seiner Familie. So wurde z.B. 1935 ein Teil des Viehmarkts in Weener für die jüdischen Händler „reserviert“, dessen Zugang jedoch so überwacht, dass kein Händler ihn in Anspruch nahm. Im selben Jahr veröffentlichte die „Ostfriesische Tageszeitung“ am 20. Juli den Aufruf „Volksgenossen, kauft nicht in folgenden jüdischen Geschäften“ und führte alle noch in den Orten Ostfrieslands bestehenden jüdischen Geschäfte auf. Gezielte Verfolgungen, Geldstrafen und Inhaftierungen ruinierten das Geschäft von Moritz de Haas; der Betrieb wurde zwangsversteigert. Er verlor seine Konzession und wurde arbeitslos. Ab März 1939 musste er Zwangsarbeit bei der Hunte-Begradigung leisten.

Im März 1940 wurden Moritz und Sophie de Haas aufgefordert, ihren Heimatort zu verlassen (siehe Glossar Judenvertreibung). Sie zogen nach Bremen in die Admiralstraße 23. Das Haus war im Besitz der Schwester von Moritz de Haas, Minna Renberg und ihres Mannes Siegfried Renberg (siehe Personenregister). Ihr Sohn Carl war schon Ende 1939 nach Bremen gezogen, seine junge Familie wurde zeitweilig auch von den Findorffer Verwandten aufgenommen.

Am 18.11.1941 wurden Moritz und Sophie de Haas in das Ghetto Minsk deportiert. Dort wurden sie ermordet: Sofern sie nicht den unmenschlichen Lebensbedingungen im Ghetto erlagen, fielen sie einer der Massenmordaktionen zum Opfer, die Ende Juli 1942 begannen.

Auch die beiden Brüder von Moritz de Haas, Bernhard (geb. 1882) und Iwan (geb. 1877), wurden in das Ghetto Minsk deportiert und ermordet; sein Bruder Siegmund (geb.1876) fiel in Riga der Verfolgung zum Opfer; seine Schwester Minna Renberg (geb. 1881) floh nach Belgien und überlebte.

Alle Geschwister von Sophie de Haas wurden Opfer der Shoa. Ihr Bruder Philipp (geb. 1873) und ihre Schwester Henriette (geb. 1880), die beide in die Niederlande emigriert waren, wurden vom Sammellager Westerbork aus deportiert: Philipp van der Zyl ist im Vernichtungslager Sobibór, Henriette Rosenbaum im Vernichtungslager Auschwitz ermordet worden. Der Lebensweg ihrer ältesten Schwester Bertha Rosenbaum (geb. 1970) endete im Vernichtungslager Treblinka.

Carl de Haas hatte noch kurz vor Erlass der „Nürnberger Gesetze“ 1935 in Wildeshausen Wilhelmine Klöver aus Dötlingen geheiratet, die Mutter seines Sohnes Helmut. Sie war Nichtjüdin. Er wurde noch am 13.2.1945 aus Bremen gemeinsam mit seinem zehnjährigen Sohn Helmut in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Seine Frau blieb mit der neugeborenen Tochter Monika in Bremen zurück. Carl und Helmut de Haas überlebten das Ghetto, sie erlebten dort 1945 die Befreiung.

Peter Christoffersen/Christine Nitsche-Gleim/Peter F. Zimmermann (2019)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E9874, Einwohnermeldekartei
Familiendatenbank Juden im Deutschen Reich
www.geni.com
Meiners, Werner: Geschichte der Juden in Wildeshausen, Oldenburg 1988

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag Judenvertreibung Ostfriesland / Oldenburg
Glossarbeitrag Minsk
Glossarbeitrag Theresienstadt

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