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Walter Roer, *1907

deportiert 1941
ermordet in Minsk


Nordstr./in Höhe der Haltestelle Grenzstr.
Bremen-Walle
ehemalige Straßenbezeichnung: Nordstr. 210


Nordstr./in Höhe der Haltestelle Grenzstr. - Weitere Stolpersteine:


Walter Roer


Familienbiografie
Walter Roer
Gertrud Roer, geb. Scheurenberg
Reinhold Roer

Walter Roer wurde als Sohn von Josef Roer (geb. 1869 in Düren) und seiner Ehefrau Emilie, geb. Samuel (geb. 1874 in Barkhausen) am 3.9.1907 in Barkhausen/Porta Westfalica geboren. Seine Eltern betrieben dort eine Schlachterei.

Am 20.11.1936 heiratete er Gertrud Scheurenberg (geb. 1906 in Frille/Kreis Minden). Sie war die Tochter von Rudolf Scheurenberg (geb. 1871) und seiner Ehefrau Goldine, geb. Wallhausen (geb. 1868). Das Ehepaar lebte in Frille, wo auch ihr Sohn Reinhold 1938 zur Welt kam.

Walter Roer wurde bereits sehr früh Opfer eines antisemitischen Anschlags. Am 10.11.1930 berichtete die „Weserwarte“ von einem Nazi-Überfall in Barkhausen: Vor der jüdischen Schlachterei Roer hatten sich danach ungefähr 25 Nazis eingefunden, die „Juda verrecke“ und „Deutschland erwache!“ Parolen skandierten. Als Walter Roer mit seinem Bruder aus dem Haus kam, fielen die Krakeeler mit Stöcken und Schlagring über sie her. Sie ließen von ihrem Treiben erst ab, als Walter Roer, von einem Messerstich verletzt, stark blutend zusammengesackt war.

Walter Roer betrieb später ein Textilgeschäft. Seine Ehefrau Gertrud war als Verkäuferin tätig. Aufgrund der Aufrufe zum Boykott jüdischer Geschäfte ließen die Umsätze ab 1933 so stark nach, dass das Geschäft schließen musste. Walter Roer wurde danach zu Bauarbeiten herangezogen. Er zog sich bei Bedienung einer Betonmischmaschine eine schwere Handverletzung zu und war nur noch begrenzt arbeitsfähig. Laut Erinnerung seines Schwagers Erich wurde der Unfall durch den Sabotageakt eines Nazis verursacht.

In der Reichspogromnacht 9./10.11.1938 wurde Walter Roer verhaftet und vom 12.11.1938 bis zum 23.12.1938 im Konzentrationslager Buchenwald inhaftiert.

Seine Schwiegermutter Goldine Scheurenberg und seine Ehefrau Gertrud wurden misshandelt und beraubt. Walter Roer wurde mit der Auflage, die Auswanderung voranzutreiben, aus dem KZ entlassen. Alle Auswanderungspläne scheiterten aufgrund fehlender Genehmigungen.

Walter Roer zog mit seiner Familie und seiner Schwiegermutter Goldine Scheurenberg in ein Haus in Minden, das sich in ihrem Besitz befand. Aus diesem wurden sie gewaltsam vertrieben und flüchteten nach Köln, dem Wohnort von Gertruds Schwester Henny. Nach kurzer Zeit wurde ihnen der Aufenthalt in Köln verwehrt. Am 21.10.1939 kamen sie nach Bremen und kamen zunächst im Keller des „Judenhauses“ Gröpelinger Deich 50 unter, in dem bereits Adolf Scheurenberg lebte, ein Verwandter von Gertruds Mutter. Am 30.9.1940 zogen sie in das „Judenhaus“ in der Nordstraße 210 (heute Nordstraße/in Höhe der Haltestelle Grenzstraße) um.

Am 18.11.1941 wurden Walter und Gertrud Roer mit ihrem dreijährigen Sohn Reinhold in das Ghetto Minsk deportiert und ermordet: Sofern sie nicht den unmenschlichen Lebensbedingungen im Ghetto erlagen, fielen sie einer der Massenmordaktionen zum Opfer, die Ende Juli 1942 begannen.
Gertrud Roers Geschwister Henny Schmidt, geb. Scheurenberg, Erich und Else überlebten die Shoa. Ihre Schwester Rena (verh. Hirschberg) wurde mit ihrer Familie von Hannover aus nach Riga deportiert und dort ermordet.

Kirsten-Constance Gosau/Manfred Runge (2019)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E10447, Einwohnermeldekartei
Dirks, Werner/Kossack, Kristan:Spuren jüdischen Lebens in Minden, Bielefeld 2009
www.mt-online.de/lokales/minden/?emcnt=3097461&em_loc=239(Dirks/Kossack: Zeitungen im Gleichschritt der
Hetze)
www.ahnenforschung-bildet.de (Fleischerei-Adressbuch von Deutschland, 1925 Westfalen)

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Judenhäuser"
Glossarbeitrag Minsk