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Flora Cohen, geb. Assenheimer, *1875

deportiert 1942 nach Theresienstadt
überlebt


Nordstr./in Höhe der Haltestelle Grenzstr.
Bremen-Walle
ehemalige Straßenbezeichnung: Nordstr. 210


Nordstr./in Höhe der Haltestelle Grenzstr. - Weitere Stolpersteine:


Flora Cohen


Familienbiografie
Alfred Cohen
Flora Cohen, geb. Assenheimer

Flora Assenheimer kam am 20.4.1875 in Ottersberg als Tochter von Meyer Assenheimer (geb. 1825 in Syke) und seiner Ehefrau Elise, geborene Herz (geb. 1841 in Ottersberg) zur Welt. Sie hatte drei Schwestern. 1901 heiratete sie Alfred Cohen. Er wurde am 17.2.1864 in Osterholz-Scharmbeck geboren als zweites von neun Kindern der Eheleute Meyer Cohen (1828-1900) und Elise Cohen, geborene Hattendorf (1837-1921). Diese betrieben ein Manufakturgeschäft in Osterholz-Scharmbeck.

Alfred Cohen absolvierte nach der Mittleren Reife eine Ausbildung zum Kaufmann, um als ältester Sohn das Textilgeschäft der Eltern zu übernehmen. Seine Geschäfte liefen recht gut, und er war jahrzehntelang Vorsitzender des Kaufmännischen Vereins in Osterholz- Scharmbeck. Seine Frau Flora arbeitete im Geschäft mit. 1905 wurde Tochter Henny, 1907 Sohn Friedrich Wilhelm („Fritz“) geboren. Tochter Henny blieb im Haus ihrer Eltern und half im Geschäft mit. Friedrich Wilhelm zog in das Rhein-/Ruhrgebiet.

Der seit 1933 von den Nationalsozialisten organisierte Boykott, führte 1935 zum Konkurs des Cohenschen Geschäftes in der Hohetorstraße 41. Nach zunächst wechselnden Eigentürmern erwarb ein Textilkaufmann aus Lilienthal (J. Schröder) die Immobilie. Bis 1936 blieb Alfred Cohen mit seiner Familie als Mieter im Haus. Ab 1937 konnte er nur noch als “fliegender Händler” für Manufakturen tätig sein und musste mit der Familie als Mieter zu Meta Schwenke in die Bremer Straße 47 umziehen.

In der Reichspogromnacht 9./10.11.1938 drangen SA-Männer in die Wohnung der Cohens ein. Einige Familienmitglieder wurden vorübergehend verhaftet. Anschließend musste Alfred Cohen den Handel völlig aufgeben. Nachdem seine Ersparnisse aufgebraucht waren, lebte er mit seiner Familie von der Fürsorge. Im Oktober 1939 zwang die Stadtverwaltung Flora, Alfred und Henny Cohen zum Umzug in ein “Judenhaus” in der Bahnhofstraße 84, das ihrem ehemaligen Geschäftskonkurrenten Davidsohn gehörte. Obwohl zwei Polizeibeamte festgestellt hatten, dass eine dortige Unterbringung unmöglich sei, ordnete Bürgermeister Urban sie an.

Ihre Tochter Henny Cohen hatte sich am 17.11.1941 in Bremen für einen Transport zum „Arbeitseinsatz im Osten“ einzufinden. Am 18.11.1941 wurde sie in das Ghetto Minsk deportiert und ermordet: Sofern sie nicht den Entbehrungen im Ghetto erlag wurde sie Opfer einer der Massenerschießungen, die im Juli 1942 begannen.

Am 23.3.1942 verließ das Ehepaar Cohen Osterholz-Scharmbeck und zog nach Bremen in das „Judenhaus“ in der Nordstraße 210 um (heute Nordstraße/in Höhe der Haltestelle Grenzstraße). Am 23.7.1942 wurden sie in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo Alfred Cohen bereits am 11.8.1942 den Entbehrungen erlag.

Flora Cohen überlebte die Ghettojahre trotz Lungenentzündung, Magengeschwüren und einer Gebärmutteroperation. Sie wurde 1945 befreit und kehrte nach Bremen zurück. Im Jahr 1949 folgte sie ihrem Sohn Fritz nach Sao Paulo in Brasilien, der 1937 mit seiner Ehefrau Henny dorthin geflüchtet war. Sie starb 1957.

Alfred Cohens Schwester Esther Ella (Jg. 1866) wurde ebenfalls nach Theresienstadt deportiert. Ihr weiteres Schicksal ist nicht bekannt. Sein Bruder Siegmund (Jg. 1871) wurde während des Novemberpogroms 1938 so schwer misshandelt, dass er 1939 an den Folgen starb. Dessen Frau Clara (geb. 1871) wurde in das Ghetto Minsk deportiert und ermordet. Sein Bruder Richard (Jg. 1872) verzog mit seiner nichtjüdischen Ehefrau Frieda nach Bremen und verstarb dort am 8.4.1938. Flora Cohens Schwester Klara wurde nach Minsk deportiert und ihre Schwester Dina (geb. 1870) nach Riga. Auch sie wurden Opfer der Shoah.

Franz Dwertmann (2019)

Informationsquellen:
StA Bremen 4,54-E299, Einwohnermeldekartei
Beer, Klaus: Ein Denkmal für Familie Cohen, Osterholz-Scharmbeck 2001
Schröder, Ilse: Jüdische Bürgerinnen und Bürger in Osterholz-Scharmbeck. Dokumentation 2015 (Hrsg. Stadtverwaltung
Osterholz-Scharmbeck)
www.teufelsmoor.eu/menschen/cohen-alfred-und-flora

Weitere Informationen:
Glossarbeitrag "Judenhäuser"
Glossarbeitrag Theresienstadt